30-jährige Haftung/Gewährleistung für "versteckte Baumängel"

Diskutiere 30-jährige Haftung/Gewährleistung für "versteckte Baumängel" im Schlüsselfertig Bauen ? Forum im Bereich Rund um den Bau; Hinweis: Ich habe diese Überschrift bewusst gewählt, da das Thema nur unter diesem an sich falschen Stichwort beim Laien / Bauherren bekannt ist...

  1. #1 WMenzel, 25.07.2007
    WMenzel

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    Hinweis: Ich habe diese Überschrift bewusst gewählt, da das Thema nur unter diesem an sich falschen Stichwort beim Laien / Bauherren bekannt ist


    Frage:
    Gibt es diese 30-jährige Haftung bei mangelnder Bauaufsicht (offensichtlicher Baumangel ist gleichzusetzen mit arglistigem Verschweigen) noch?

    =========================================================

    Ein Urteil des OLG Köln vom 01.07.1994 - Az.: 11 U 29/94 (IBR 1994, 419) ist mit nachfolgendem Leitsatz überschrieben:
    Überwacht der Unternehmer die Herstellung des Werkes nur mangelhaft, so kann dies einem arglistigen Verschweigen von Mängeln gleichzusetzen sein. Damit verletzt der Unternehmer seine Offenbarungspflicht bei Abnahme des Werkes, mit der Folge, dass die kurze Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist und die 30-jährige Verjährung zur Anwendung kommt.
    Das Gericht führte hierzu im wesentlichen aus:
    Die Ansprüche auf Nachbesserung und Ersatz des Mangelfolgeschadens seien nicht verjährt.
    Zwar sei die zweijährige Verjährungsfrist gemäß § 13 Nr.4 VOB/B Ende 1987/Anfang 1988 abgelaufen, da unstreitig eine Abnahme im Anschluß an die Durchführung der Arbeiten im Dezember 1985 erfolgt sei.
    In entsprechender Anwendung des § 638 BGB sei hier aber eine Verletzung der Offenbarungspflicht des Unternehmers bei Abnahme des Werkes aufgrund mangelhafter Überwachung des Herstellungsprozesses zu bejahen und einem arglistigen Verschweigen von Mängeln gleichzusetzen. In diesen Fällen komme ebenfalls die 30-jährige Verjährungsfrist zur Geltung.
    Die Voraussetzungen der Ausdehnung des Anwendungsbereiches des § 638 BGB sei, wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt habe, für den vorliegenden Fall zu bejahen.
    Der klagende AG habe die Voraussetzungen des § 638 BGB ausreichend dargelegt und nachgewiesen, indem er das Vorliegen besonders gravierender Mängel und grob mangelhafter Ausführung behauptet und durch die sachverständigen Feststellungen belegt habe.
    Die Art der Mängel sei hier bereits ein so erhebliches Indiz für eine fehlende oder mangelhafte Organisation des Herstellungsprozesses durch den beklagten AN, dass es weiterer Darlegungen des AG nicht bedürfe, vielmehr der AN seinerseits zur Entlastung vorbringen müsste, wie er seinen Betrieb organisiert habe, um die Ausführung der Arbeiten ordnungsgemäß zu überwachen. Denn es liege hier eine Anhäufung offensichtlicher Mängel bei der Herstellung des Estrichs vor. Als besonders deutliche Mängel fielen die teilweise zu dünne Estrichschicht, die nicht ordnungsgemäß verlegten Bewehrungsmatten, die zum Teil wegen unebenen Untergrundes auf Hohlräumen aufliegenden Dämmplatten und die unterschiedliche Lagerung des Estrichs ins Auge. Zwar sei dem AN zuzugeben, dass diese Mängel nicht immer gleichzeitig an jeder Öffnungsstelle vorgefunden worden seien. Aufgrund der sachverständigen Ergebnisse sei jedoch eine Mehrzahl von Mängeln an verschiedenen Stellen festzustellen. Dies führe in der Gesamtschau dazu, dass eine offenbare Mangelhaftigkeit der Leistung vorliege.
    Bei einer sorgfältigen stichprobenartigen Überprüfung während der Herstellungsarbeiten durch einen fachkundigen Bauleiter seien diese Mängel ohne weiteres optisch erkennbar.
    Dabei spiele es keine entscheidende Rolle, dass es sich um Mängel handele, die nur während des Herstellungsprozesses offen lägen und im Unterschied zu dem festgestellten Sachverhalt, der der Entscheidung des BGH vom 12.03.1992 zugrundeliege, bei Abnahme nicht mehr ohne weiteres erkennbar seien. Denn die zitierte Entscheidung des BGH stelle neben der Prüfungspflicht bei Abnahme gerade auf die Überwachung während der Herstellung des Werkes ab.
    Zwar mögen einzelne Mängel, wie die unzureichende Verdichtung der Mörtels, nicht vergleichbar augenfällig sein. Diese fielen jedoch im Hinblick auf die weiteren Mängel nicht mehr entscheidend ins Gewicht. Eine Anhörung des Sachverständigen zur Frage der Augenfälligkeit der Mängel sei entbehrlich, da sich diese bereits zwangsläufig aus seinen Feststellungen im schriftlichen Gutachten ergeben würden.
    Die daraus folgende Vermutung eines Organisationsmangels im betrieblichen Ablauf des Unternehmers habe der AN nicht entkräftet. Sein Vorbringen zur Überwachung durch den Bauleiter als Vertreter und zugleich Erfüllungsgehilfen hinsichtlich einer eventuellen Offenbarungspflicht sei auch in der Berufungsinstanz nicht ausreichend. Allein eine ordnungsgemäße Einweisung der Arbeiter reiche noch nicht aus. Zwar sei dem AN zuzugeben, dass der Bauleiter nicht ständig auf der Baustelle anwesend sein müsse. Andererseits seien mehrfache und regelmäßige stichprobenartige Überprüfungen erforderlich, nachdem bei den vorliegenden Arbeiten nur eine Überwachung während der Herstellung eine effektive Kontrolle gewährleiste, während allein eine Überprüfung vor Abnahme wegen der dann möglicherweise bereits verdeckten Mängel nicht ausreiche
    Nach dem Vortrag des AN zum Ablauf der Arbeiten sei der Estrich an zwei Tagen, und zwar am 10. und 11.12.1985, verlegt worden.
    Der weitere Vortrag des AN, der Bauleiter habe bei seiner stichprobenartigen Kontrolle keine Mängel festgestellt, lasse nicht erkennen, wie oft, wann und vor allem bei welchem Arbeitsstand kontrolliert worden sei. Danach sei vielmehr anzunehmen, dass allenfalls eine Kontrolle stattgefunden habe, was bei zweitägigen Arbeiten mit drei Leuten keinesfalls ausreichend sei. Wesentlich zur Beurteilung der Frage, ob eine hinreichende Überprüfung vorliege, sei ferner der Stand der Arbeiten zur Zeit der behaupteten Kontrolle; dazu fehle hier jeder Vortrag.
    Diese Anforderungen an die betriebliche Organisation zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Kontrolle des Herstellungsprozesses nach der neueren Rechtsprechung des BGH seien vor dem Hintergrund zu sehen, dass damit eine Gleichbehandlung von Großbetrieben und Alleinunternehmern gewährleistet werde. Denn wie auch das Landgericht zu Recht dargelegt habe, müsse in einem Großbetrieb eine fachkundige, regelmäßige Kontrolle der Arbeiten gesichert sein, was bedeute, dass ein Bauleiter oder ein Mitarbeiter in vergleichbarer Position jederzeit im wesentlichen über den Stand der Arbeiten informiert sei, und sich die Unternehmensleitung deshalb nicht später auf Unkenntnis zurückziehen könne. Diese Möglichkeit würde eine Schlechterstellung des Alleinunternehmers gegenüber dem Großbetrieb bedeuten, nachdem dem Alleinunternehmer die Berufung auf Unkenntnis verwehrt sei und er in vergleichbaren Fällen mit dem Vorwurf des arglistigen Verschweigens von Mängeln zu rechnen habe.
    Wie im einzelnen der betriebliche Ablauf eines größeren Unternehmens zu organisieren sei, um eine solche Kontrolle zu erreichen und ggf. deren Nachweis auch später zu ermöglichen, ob beispielsweise durch Bautagebücher, fotografische Dokumentation oder anderes, sei Sache der Betriebsführung.
    Hier habe der AN offensichtlich keine Vorsorge für eine sorgfältige und regelmäßige Kontrolle getroffen, wie die festgestellten augenfälligen Mängel zeigten. Somit müsse er sich wegen mangelhafter Organisation die Unkenntnis des Bauleiters zurechnen lassen (§ 278 BGB). In entsprechender Anwendung des § 638 BGB werde er so gestellt, als habe er die Mängel bei Abnahme arglistig verschwiegen.
     
  2. Eric

    Eric

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    Nö, die 30-jährige Verjährungsfrist wurde mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz abgeschaft. Es gilt jetzt 3 Jahre ab Kenntnis vom Mangel und dem dafür Verantwortlichen, maximal 10 Jahre. Allerdings Überleitungsvorschriften beachten.

    Näheres ist bei einem Anwalt zu erfahren.
     
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