Frage zur Architektenhaftpflicht

Diskutiere Frage zur Architektenhaftpflicht im Bauen mit Architekten Forum im Bereich Architektur; weil sie das längst dem Unternehmer übergebügelt hatten! Der Bauträger hat in einem Brief an die Eigentümer allen Ernstes vorgeschlagen, dass er...

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  1. #21 GWeberJ, 09.06.2014
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    Der Bauträger hat in einem Brief an die Eigentümer allen Ernstes vorgeschlagen, dass er höchstpersönlich mit einem Gehilfen die EPS-Platten von der Decke pult, durchschneidet und mit der Stärke 80 mm wieder an die Decke pappt. (Wie auch immer er das praktisch umsetzen will.)

    Scheint mir nicht so, dass er seinen Auftragnehmer schon Gewehr bei Fuß stehen hat, um nachzubessern.
     
  2. #22 Ralf Wortmann, 10.06.2014
    Ralf Wortmann

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    Ich meine, nein. Mir ist zumindest keine Urteil bekannt, in welchem einem Architekten bereits deshalb der Versicherungsschutz versagt wurde, nur weil er dem Bauherren nicht dringend zur Erstellung eines Baugrundgutachtens geraten hat.

    Da müssen schon andere Tatbestände hinzutreten, bevor es soweit ist. Wenn ich indes z.B. als Architekt die Augen davor verschließe, dass es evtl. nicht ausreichend sein könnte, das Bauwerk nur gegen normale Bodenfeuchte abzudichten, obwohl die Baugrube voller Wasser steht, wird schon eher ein Schuh daraus.
     
  3. #23 Baufuchs, 10.06.2014
    Baufuchs

    Baufuchs Gast

    Da gibts wohl doch Urteile.

    (OLG Oldenburg IBR 1996, 518)
     
  4. #24 Ralf Wortmann, 11.06.2014
    Ralf Wortmann

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    Stimmt. Du hast Recht und Ralf Dühlmeyer auch. Danke für den Hinweis. Das Urteil kommt gleich in meine Rechtsprechungsdatei zum Architektenrecht.

    Deutliche Worte des Gerichts. Das Unterlassen der Einholung eines Bodengutachtens wurde als bewusste Pflichtwidrigkeit des Architekten angesehen, mit der Folge, dass er für die daraus resultierenden Schäden keinen Versicherungsschutz hat, sondern diese aus eigener Tasche bezahlen muss.

    Aus dem Urteilstext:

    OLG Oldenburg, Urteil vom 04. September 1996, Az.: 2 U 130/96 –, juris

    Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die einschlägigen DIN-Vorschriften (hier: DIN 18195, insbesondere Teil 4, 5 und 6) allgemein anerkannte Regeln der Baukunst darstellen und deren Verletzung als ein pflichtwidriges Verhalten i.S.v. Ziff. IV. 8 der Klausel BBE 03 anzusehen ist (vgl. BGH VersR 1959, 691, 692). Es kommt deshalb darauf an, ob die vom Kläger erstellte Planung gegen diese DIN-Vorschriften verstößt, was unstreitig ist, und ob der Kläger sich dessen bewußt war, was das LG zutreffend festgestellt hat.

    Es ist stets - und nicht nur bei problematischen Bodenverhältnissen, wie die Berufung meint - Aufgabe des planenden Architekten, die Untersuchung der Bodenverhältnisse in dem den Umständen nach ausreichenden Umfang zu veranlassen (BGH VersR 1967, 260, 262). Der Kläger bestreitet auch nicht, daß ihm die konkreten Anforderungen der DIN 18195 bekannt waren, und aus seinen - freilich untauglichen - Versuchen (Anfrage an das Landesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe sowie an das Landesumweltamt, Befragungen vor Ort sowie Anlegung einer Schürfgrube) folgt, daß ihm die Notwendigkeit bewußt war, den maximal auftretenden Grundwasserstand festzustellen.

    ======================================

    Soweit der Text. Es würde mich interessieren, ob sich aus der DIN 18195 unmittelbar die konkrete Anforderung zur Einholung eines Bodengutachtens ableiten lässt (wie das Gericht offenbar annimmt). Indirekt sicherlich, da schließlich irgendwie festgestellt werden muss, welcher Lastfall vorliegt. Kann jemand mal in den Text schauen?

    Möglicherweise hat sich der Architekt in der rechtlichen Auseinandersetzung auch nicht ausreichend „dumm gestellt“. Da muss man, zumindest, wenn es um Riesensummen geht, auch die Berufsehre und das Selbstbild, das man von sich hat, mal außen vor lassen. Schließlich war es Sache der Versicherung, dem Architekten eine „bewusste Pflichtwidrigkeit“ nachzuweisen.
     
  5. #25 Thomas Traut, 11.06.2014
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    In diesem Urteil ging es offensichtlich um den höchsten gemessenen (Grund)Wasserstand HGW und die Schlussfolgerungen für die Abdichtung. Der HGW geht allerdings auch nicht unbedingt aus einem Baugrundgutachten hervor. In Brandenburg ist es schwierig, "amtliche" HGW zu bekommen, weil es kein ausreichendes Netz von Messstellen gibt. Insoweit würde ich dieses Urteil als Einzelfallentscheidung betrachten wollen.

    Mittlerweile gibt es aber bestimmt Urteile, die Bauen ohne BGGA als grob fahrlässig betrachten.
     
  6. #26 Ralf Dühlmeyer, 11.06.2014
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    Da brauche ich nicht in den Text zu schauen. Die 18195 schreibt nicht vor, ein Bodengutachten einzuholen.
    Hole ich es nicht ein, muss ich für eine haftungsfreie Planung aber den "worst case" annehmen: Drückendes Wasser bis Unterkante Grasnarbe.
    Und so muss ich dann das Abdichtungskonzept erstellen. Druckwasserdichter Keller einschl. aller Öffnungen bis OK Grasnarbe, ggf. + X!

    Sagt mir der Bauherr - Du spinnst wohl, hier gibst NIE so viel Wasser, darf er mich gern aus der Haftung entlassen oder ein Bodengutachten einholen.

    Wobei das Bodengutachten auch nicht allein seeligmachend sein muss.
    Ich kenne ein Baugebiet, bei dem die Bodengutachten Lastfall 4 angaben (Erdfeuchte). Was in sich auch absolut richtig war. Die Bodengutachter kannten nur die örtlichen Bauvorschriften nicht, die ein Anschlußverbot an die öffenliche Regenwasserkanalisation enthielten.
    Anfallendes Regenwasser musste vollständig auf dem Grundstück versickert werden.
    Mit zunehmender Bebauung kam es dann zu massiven Schäden an den nach T 4 abgedichteten Kellern, weil durch die Versickerung der umliegenden Grundstücke plötzlich zeitweise drückendes Wasser vorhanden war.
    Ob und wenn wie das jur. aufgearbeitet wurde, weiß ich nicht!
     
  7. mls

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    als beispiel, dass nichts ist, wie es scheint:
    sofern nicht in einer senke gebaut wird ..

    der teufel steckt im detail - so auch die moral der "versickerungsgeschichte" ;)
     
  8. #28 Ralf Dühlmeyer, 11.06.2014
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    markus - deswegen schrieb ich:
    :D :p
     
  9. PeMu

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    Nachdenken kostet extra.
    Dazu kommt noch der Aspekt, dass man mit der Baumaßnahme manchmal die bestehenden Verhältnisse entscheidend ändert. Fürs eigene BV gut, aber der Nachbar hats dann im Nacken. Diese Themen übersehen Bauherren, wie manche Planer gerne. Auch Thema BGGA. Hinterher ist das Geschrei dann groß.
    Analog der Versickerungsgeschichte.

    Hmm, wer muss denn dem Baugrundgutachter die Vorinfos geben?
    Alltag ist doch, dass das meistens an uns hängen bleibt. Man ist der Meckerer, weil man nachkakt und Ergänzungen fordert, damits was mit dem Bauvorhaben zu tun hat..
     
  10. Eric

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    Hast es leider nicht verstanden. Ein hydrogeologisches Gutachten ist erst Recht einzuholen, wenn es keinen " amtlichen " HGW gibt und das "Amt " teilt, sofern es denn " amtliche " HGW haben sollte, immer mit, dass die Information zum HGW unverbindlich ist und den Bauherren nicht davon entbindet, bei geringstem Zweifel ein hydrogeologisches Gutachten einzuholen ( so jedenfalls hier im Rheinland ).

    Wenn der HGW - wie oft - im beauftragten Gutachten nicht angegeben sein sollte, war entweder der Auftrag falsch/nicht umfassend formuliert oder aber das Gutachten ist unvollständig und daher vom Architekt zu beanstanden --> Abnahmeverweigerung + Nachbesserungsverpflichtung des Gutachters. Im Übrigen dürfte dann auch der Gutachter haften, weil in der Regel klar ist, dass es dem BH für sein BVH nicht nur auf die Boden- sondern auch auf die Wasserverhältnisse ankommt = Gesamtschuldnerische Haftung von Archi und Gutachter.

    Sodann nochmals: Für den Versicherungsschutz des Archis kommt es auf " grobe Fahrlässigkeit " nicht mehr an, siehe #17 mit Link, wo u.a. der Fall der Nichteinholung eines Gutachtens als " bewußte Pflichtwidrigkeit " ( = mehr als grobe Fahrlässigkeit ) genannt ist. Man muß den Link nur lesen!

    Offen bleibt nach dem Urteil des OLG Oldenburg, ob es dem Archi geholfen hätte. wenn er sich in Bezug auf die aRdT dumm gestellt hätte. Hier hätte es ihm mit Sicherheit nichts geholfen, da er ja - unzureichende - Nachforschungen angestellt hat und damit incidenter zu erkennen gegeben hat, dass er das Erfordernis zur Klärung des Bemessungswasserstandes kannte.

    Dass ohne gutachterliche Klärung des HGW nach der höchsten Wasseranspruchung ( = OK Grassnarbe ) zu planen ist, ergibt sich expressis verbis aus der DIN 18 195-1, Abschnit 4.2 ( für Nicht-WW-Konstruktionen ) bzw. aus den Erläuterungen des DAfStB zur WU-RiLI ( für WW ). Und das ist nun mal alles aRdT.
     
  11. #31 Thomas Traut, 12.06.2014
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    Jetzt kommen wir von Hölzchen auf Stöckchen.

    Eric, ich habe nicht verstanden, was ich nicht verstanden haben soll. Dass die Abdichtung bei unklaren Bedingungen nach dem worst case zu planen ist, habe ich doch nicht bestritten! Dazu brauche ich aber kein Baugrundgutachten! Im angeführten Urteil ging es anscheinend nur um die Abdichtung, sonst nichts.
     
  12. Roth

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    Danke vielmals für alle guten Beiträge, besonders die der Anwälte!

    Ich kann nachts schon etwas besser schlafen...
     
  13. #33 GWeberJ, 19.10.2014
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    Nachtrag/Anschlußfrage:

    Nehmen wir an, dass Bauträger und Architekt sich darüber einig sind, dass Steuern mal lieber die anderen zahlen sollen, und sie daher übereinkommen, dem Architekten eine Wohung in dem vom ihm betreuten Bau zum Vorzugspreis zuzugestehen (z. B. 100.000 Euro billiger), worauf im Gegenzug der Architekt nur einen Bruchteil von dem abrechnet, was er leistet.

    Was würde in so einem Fall wohl die Versicherung sagen, wenn der Architekt große Schäden zu verantworten hat, aber nur für einen eher symbolischen Betrag tätig geworden ist? Ich nehme als Laie an, dass die Versicherungsprämie irgendwie an den Umsatz gekoppelt ist.
     
  14. #34 Achim Kaiser, 19.10.2014
    Achim Kaiser

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    Solche Fragen beantwortet ein RA, so sie auch bewiesen werden können.

    So lange der Beweis fehlt, grenzen solche öffentlichen Mutmasungen hart an übler Nachrede.
    Hier ist sicherlich die falsche Plattform für solchen Diskussionen.

    Zur eigentlichen Frage ist alles gesagt, deswegen ....
     
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