Bebaubarkeit Hinterlandbebauung (zweite Reihe)

Diskutiere Bebaubarkeit Hinterlandbebauung (zweite Reihe) im Baugesuch, Baugenehmigung Forum im Bereich Rund um den Bau; Hallo liebe Community, auf Empfehlung eines netten Users (@11ant), wende ich mich hier mit meiner Fragestellung an Euch. Ich wäre insbesondere an...

  1. #1 Schnubbihh, 30.09.2023
    Schnubbihh

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    Hallo liebe Community,

    auf Empfehlung eines netten Users (@11ant), wende ich mich hier mit meiner Fragestellung an Euch.
    Ich wäre insbesondere an Erfahrungen/Erklärungen vom User @Dimeto sehr interessiert bzw. sehr dankbar.

    Ausgangslage:
    - Großes Grundstück mit Altbestand wurde vom Inhaber in zwei gleichgroße Flurstücke reell geteilt (beide ca. 545QM)
    - Vorderes Grundstück behält der Eigentümer, hinteres Grundstück wollen wir kaufen
    - Erreichbarkeit des hinteren Grundstücks nur über das vordere Grundstück gegeben (kein Pfeifenstiel)
    - Der Eigentümer des vorderen Grundstücks möchte das alte Bestands-Haus und Garage zeitnah abreißen und perspektivisch neu bauen (zeitlich nicht festgelegt)
    - Lage Grundstück: Hamburg
    - Grundflächenzahl-1 = 0,2
    - Grundflächenzahl-2 = 0,3
    - Gültiger Bebauungsplan: Teilbebauungsplan Harburg 685 (von ca. 1960) + Baustufenplan Harburg 1960
    - Teilbebauungsplan gibt eine Fläche vor die "von sämtlicher Bebauung freigehalten" werden muss (relevant fürs vordere Grundstück)

    Mein Verständnis:
    - Es bedarf der Eintragung einer Baulast UND Grunddienstbarkeit (im Grundbuch) damit ich das hintere Grundstück ohne Probleme bebauen und erreichen kann
    - Aufgrund des alten Bebauungsplan ist eine alte Version der BauNVO gültig (?); bin mir hier unsicher, da die Pläne von vor 1962 sind
    - Gemäß der alten BauNVO zählt die Terrasse und andere Nebenanlagen nicht zur GRZ1; bebaubare Fläche von 109QM somit möglich + Terrasse
    - GRZ2 von 0,3 muss für Terrasse, Wege, Carport etc. trotzdem eingehalten werden (?)
    - Wegeflächen werden sowohl beim vorderen als auch beim hinteren Grundstück von der Grundflächenzahl-2 abgezogen

    Frage:
    - Ist mein Erläuterung oben soweit richtig und nachvollziehbar?
    - Wie könnte ich die Gegebenheiten bereits vor Grundstückskauf mit ausreichender Sicherheit bestätigt bekommen? Hilft hier ein Fachanwalt für Baurecht/Architektenrecht? Mein Versuch beim Bauamt (Bauberatung) ist leider kläglich gescheitert, da Ansprechperson keine Ahnung hatte. Bauvoranfrage VOR Grundstückskauf würde zu lange dauern.
    - Wird es perspektivisch nicht große Probleme beim vorderen Grundstück bezgl. der Grundflächenzahl 2 geben? (nicht mein Problem, möchte es trotzdem gerne verstehen). Durch die lange Auffahrt, um das hintere Grundstück zu erreichen, würde ja bereits ca. 75QM der GRZ2 beansprucht werden. Bleiben nur noch 88QM für Haus + sonstige Nebenanlagen und Stellflächen.


    Flurkarte_mit_Grundriss.png Teilbebauungsplan.png
     
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  2. 11ant

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    Hier darfst Du im Gegensatz zu umgekehrt den Crosspost auch verlinken: Hinterlandbebauung (zweite Reihe)
     
  3. Dimeto

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    Ja. Die Baulast ist notwendig aufgrund von §4 Abs.1 HBauO (öffentliches Recht), die Grunddienstbarkeit zur Regelung und dauerhaften Sicherung der Rechte und Pflichten der Eigentümer des herrschenden und des dienenden Grundstücks (Zivilrecht).
    Nein.
    Zu Recht
    Baustufenplan und Teilbebauungsplan basieren auf Vorschriften vor BauGB (1986), BBauG (1960) und BauNVO (1962), die mittlerweile außer Kraft sind. Die Pläne selbst sind aber noch rechtskräftig. Das führt auch unter Juristen zu sehr unterschiedlichen Interpretationen und Gerichtsurteilen, die sich im Laufe der Jahrzehnte zudem immer mal wieder geändert haben.
    Eine GRZ1 und GRZ2 gibt es im Verordnungstext ja nicht. Es handelt sich um ein Hilfskonstrukt, welches ab 1990 erforderlich wurde, um die Einhaltung der Vorschriften mathematisch korrekt nachzuweisen. Da Dein Planungsrecht älter ist, kommen die Regelungen der neueren Fassungen der BauNVO eigentlich nicht in Betracht. Die Hamburger haben aber nach Analyse von Fluchtliniengesetz, Bebauungsplangesetz, Baupolizeiverordnung (BPVO), Reichsgaragenordnung, und Aufbaugesetz einen pragmatischen Lösungsansatz. Sie haben erkannt, dass die bebaubare Fläche nach BPVO in weiten Teilen des Stadtgebietes nicht mehr den heutigen Anforderungen entspricht und daher für nahezu jede Baumaßnahme im Geltungsbereich historischer Bauleitpläne Befreiungen nach §31 BauGB zu erteilen wären. Daher gilt die Einhaltung der Regelungen der aktuellen BauNVO als genehmigungsfähig, auch ohne entsprechenden Antrag auf Befreiung.
    Demnach müssen Terrasse und Nebenanlagen bei der GRZ Berechnung berücksichtigt werden und die Maximalwerte müssen eingehalten werden. Abgezogen wird bei der Grundflächenzahl nichts, es wird das geplante mit dem erlaubten verglichen.
    Indem Du eine Architektin findest, die mit altem Baurecht in Hamburg vertraut ist und Dir die Gepflogenheiten der Baugenehmigungsbehörde in derartigen Fällen erklären kann. Zur Vorbereitung auf das Gespräch etwas Literatur:
    https://www.hamburg.de/contentblob/...16334da97e4cbdf4/data/bpd-altes-planrecht.pdf
    Ja, vielleicht auch. Notwendig wäre er erst, wenn es Streit über den Bauantrag gibt. Eine Architektin (oder eine sonstige bauvorlageberechtigte Person) brauchst Du aber auf jeden Fall.
    Ja, das ist schade. Aber da Du vermutlich auch wenig Ahnung hast, dürfte es schwer sein, der Person, die Ahnung haben sollte, diesen Vorwurf nachzuweisen. Sie könnte immer sagen, Du hättest etwas falsch verstanden.
    Möglich. Das müssten die Planenden dann mal konkret durchrechnen. Und dann gibt es ja noch die Möglichkeit, von der vereinfachenden Anwendung des §19 BauNVO 2021 abzuweichen und mit guter Begründung eine Befreiung nach §31 BauGB zu beantragen.
     
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  4. #4 Schnubbihh, 02.10.2023
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    Wow, erstmal besten Dank für die ausführliche Antwort!

    Den Absatz habe ich noch nicht komplett verstanden. Es klingt ein wenig nach "alles beim alten" also GRZ1 von 0,2 und GRZ 0,3 und alles darüber hängt vom Sachbearbeiter in der Baubehörde ab.
    Aktuell würden wir den Ansatz verfolgen, dass wir die GRZ1 mit dem Hausbau komplett ausreizen würden (109QM) und dann für die Terrasse eine Überschreitung in Kauf nehmen (bzw. das entsprechende Risiko einer Ablehnung).

    Wahrscheinlich müssen wir das aber jetzt am besten einmal mit einem ansässigem Architekten besprechen.
     
  5. 11ant

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    Das würde bei einem "Anderthalbgeschösser" etwa 130 qm "Wohnfläche" bedeuten. Welches Hausmodell hast Du für die Einfügung in den Grundstücksplan genommen, und ist das ein Dummy oder Dein Favorit ?
    Du hast Post (oben rechts ist ein Briefkuvert).
     
  6. Dimeto

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    Eher wie "alles beim neuen", da die Hamburger so tun, als wäre ihr Konglomerat aus Relikten des letzten Jahrtausends ein moderner Bebauungsplan, der den aktuellen Vorschriften unterläge. Das vereinfacht zwar die Bauantragsprüfung, aber der Bauherr profitiert nur, wenn er die Grenzen auch einhält. Das dürfte größtenteils schwierig sein, da das alte Planungsrecht in keinster Weise den heutigen Anforderungen an die städtebauliche Planung genügt, schon gar nicht in den Ballungszentren mit angespanntem Wohnungsmarkt.
    Zunächst hängt der Erfolg des Bauantrags von der Erfahrung und Wortgewandtheit der bauvorlageberechtigten Person ab.
    Das wäre so, als würdest Du mit einer nicht eingetragenen Reifengröße zur Hauptuntersuchung fahren und dennoch auf die neue Plakette hoffen. Ohne Einzelgutachten oder zumindest ABE kannst Du froh sein, wenn Dir das Auto nicht gleich stillgelegt wird. Wenn Du die GRZ überschreitest, muss ein Befreiungsantrag gestellt werden, sonst muss die Behörde ablehnen. Darauf zu hoffen, dass es keiner merkt, halte ich nicht für empfehlenswert. Aber das liegt in der Verantwortung der Bauvorlageberechtigten.
    Nicht nur wahrscheinlich, ich sehe gar keine Alternative.
     
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  7. #7 JohnBirlo, 03.10.2023
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    Den Kaufpreis würde ich auch abhängig von der Art der Bebaubarkeit machen. Entweder eine Rücktrittsklausel in den Notarvertrag eintragen lassen, die Baugenehmigung vorab einholen oder einfach vor allem eine richtige Bauvoranfrage stellen.
     
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    Schade, daß Du Deinen Bauvorschlägevergleich Entscheidungshilfe bei verschiedenen Grundrissen noch nicht ebenfalls hier diskutierst.
     
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