Bodengutachten: Schadstoffanalyse des Bodens verpflichtend (BW)?

Diskutiere Bodengutachten: Schadstoffanalyse des Bodens verpflichtend (BW)? im Tiefbau Forum im Bereich Neubau; Hallo zusammen, ich würde gerne ein Bodengutachten in Auftrag geben (Baden-Württemberg), um eine Entscheidung hinsichtlich der Frage "Keller oder...

  1. Cybey

    Cybey

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    Hallo zusammen,

    ich würde gerne ein Bodengutachten in Auftrag geben (Baden-Württemberg), um eine Entscheidung hinsichtlich der Frage "Keller oder Bodenplatte?" (EFH) treffen zu können. Bei der Beauftragung des Bodengutachtens wurde ich gefragt, ob ich ebenfalls eine sog. "Deklarationsanalyse" durchführen möchte, d.h., ob eine Schadstoffanalyse bei den Bodenproben durchgeführt werden soll. Kostenpunkt: ca. 600 Euro.

    Nun ist für mich natürlich die Frage essenziell, ob eine solche Deklarationsanalyse Pflicht ist. Nach Telefonaten mit drei Tiefbauern und dem Landratsamt bin ich noch immer nicht wirklich schlauer. Die Aussage von den Tiefbauern war, dass sie alle eigene Deponien haben, auf die sie den Erdaushub bringen und Stand heute noch keine Schadstoffgutachten benötigen. Allerdings gab es diesbezüglich in jüngster Vergangenheit wohl einiges an Bewegung, sodass nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein solches Gutachten in naher Zukunft vom Landratsamt gefordert werde. Folglich solle ich das Gutachten gleich mitbeauftragen.

    Das Telefonat mit dem Landratsamt ergab, dass es sich bei den Deponien der Tiefbauer um keine Deponien im gesetzlichen Sinne handle, sondern um sog. Geländeauffüllungen. Auf diese dürfe nur Erdaushub gebracht werden, der unbelastet ist. Auf die Frage, ob ich nun eine Schadstoffanalyse zu beauftragen habe, wurde nur ausweichend geantwortet. Vielmehr wurden Details genannt, wie die Schadstoffanalyse durchzuführen sei (z.B. Anzahl der Proben und Tiefe der Probenentnahme). Somit würden die 600 Euro wohl gar nicht ausreichen, da das Landratsamt umfangreichere Vorstellungen hinsichtlich des Gutachtens hat.

    Die Deklarations- bzw. Schadstoffanaylse möchte ich natürlich nur durchführen lassen, wenn sie Pflicht ist. Weiß hier jemand mehr?

    Danke bereits im Voraus für eure Expertise!
     
  2. BaUT

    BaUT

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    Wenn ein Verdachtsfall vorliegt
    z. B. vorherige Nutzung des Grundstücks als Chemiefabrik, Tankstelle, etc.
    dann MUSS eine Schadstoffanalyse gemacht werden um die Notwendigkeit auf Bodenaustausch festzustellen.
    Aber ein solcher Verdachtsfall hätte ihnen dann schon zum Zeitpunkt des Grundstückskaufs mitgeteilt werden müssen.
     
  3. Cybey

    Cybey

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    Danke für die schnelle Rückmeldung!
    Ein offensichtlicher (!) Verdachtsfall liegt meines Wissens nicht vor. Allerdings wurden in dem Ort, in dem der Bauplatz liegt, bereits erhöhte Bleibelastungen festgestellt, unter anderem nur wenige Flurstücke entfernt. Genügt dies bereits als Begründung für einen Verdacht?
     
  4. Oehmi

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    Klingt ein bisschen nach allgemeiner Verunsicherung zur Ersatzbaustoffverordnung.

    Das Problem ist, dass je nach Verwendungszweck unterschiedliche Parameter untersucht werden müssen.

    Wenn du deinen Boden auf dem Grundstück wieder einbaust, musst du nichts untersuchen.
    Wenn du den Boden wegfahren lässt (z.B. verdrängter Boden durch Keller) musst du den Boden je nach Verwendungszweck untersuchen lassen. Sofern du keine zweite Baustelle hast, wo du den Boden wieder einbaust, bist du hier vom Tiefbauunternehmer abhängig.
    Wenn der für den Boden Verwendung hat wird er dir bestenfalls einen besseren Preis machen, als wenn er den Boden zur Deponie fahren muss.
     
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  5. #5 VollNormal, 16.10.2023
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    Ist zu erwarten, dass Aushub abgefahren werden muss? Dann muss dieses Material zur Festlegung der Verwertungsmöglichkeiten bzw. des Entsorgungswegs beprobt werden. Da ist es dann sinnvoll, die Belastung vorab zu kennen, um entsprechende Angebote einholen zu können. Als Nachtrag kann das unerwartet sehr teuer werden.

    Auch wenn das Material vollständig vor Ort wieder eingebaut werden soll, ist dies nur bei Einhaltung bestimmter Grenzwerte erlaubt. Sollten da Verstöße festgestellt werden, wird das mit Sicherheit deutlich teurer, als die Analyse.

    Den Umfang der erforderlichen Analysen sollte der Baugrundgutachter bei der Beurteilung der gewonnenen Proben einschätzen können.
     
  6. Cybey

    Cybey

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    Bei einer Bodenplatte müsste nichts weggefahren werden, selbst wenn ein bisschen tiefer ausgekoffert werden müsste. Bei einem Keller sieht die Sache ein wenig anders aus: Grundsätzlich hätte ich eigene Orte, an die ich die Erde bringen könnte oder die Tiefbauer nehmen die Erde auf ihre eigenen Geländeauffüllungen/Deponien (die machen das, solange das Landratsamt keinen Riegel vorschiebt), doch das ist angeblich nur erlaubt, wenn sich der Zustand des Bodens hierdurch nicht verschlechtert. Um beurteilen zu können, ob eine Verschlechterung eintritt, müsste aber (eigentlich) eine Bodenprobe entnommen und auf Schadstoffe analysiert werden. Und diese möchte ich eben nur durchführen lassen, wenn ich es muss. Denn im besten Fall ist der Boden unbelastet, wodurch sich für mich nichts ändert. Ist der Boden dagegen belastet, so kommt es mich teuer (>15 €/m³ bei der Deponie). Der Erwartungswert ist also klar negativ, d.h. ich habe keinen Anreiz, freiwillig eine Schadstoffanalyse durchführen zu lassen.
     
  7. BaUT

    BaUT

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    Und gesundheitlich ist es nicht so wichtig?
    Und grundwassertechnisch auch egal?
     
  8. Mok

    Mok
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    Bei Verwendung als Ersatzbaustoff i.S.d. Ersatzbaustoffverordnung muss der Boden nach Vorgabe der EBV analysiert werden (§ 14 Untersuchungspflicht), außer BBodSchV § 6 Absatz 6 Nummer 1 und 2 greifen. Es kann also dann auf eine Untersuchung verzichtet werden, wenn ein § 18 Sachverständiger oder vergleichbar im Rahmen einer Vorerkundung keine Anhaltspunkte für eine Belastung sieht oder es fallen weniger als 500 m³ an und jemand Beliebiges stellt fest, dass sich keine Anhaltpunkte auf Belastungen ergeben. Darüber, wie derjenige das feststellen soll, schweigt sich die BBodSchV aus. Bei einer Verwendung im Geltungsbereich der BBodSchV gilt das analog, die Untersuchungen sind aber andere.

    Im gesetzlichen Rahmen gibt es also Fälle, bei denen Untersuchungen nicht zwingend gefordert werden.

    Bei den von dir angesprochenen „Deponien“ gibt es Genehmigungen, die regeln, welcher Boden abgelagert werden darf. Wenn da zum Beispiel nur Z 0-Böden erlaubt sind (ja, LAGA bleibt hier zunächst auch mit Einführung der EBV noch relevant), dann muss das entsprechend nachgewiesen werden. Je nachdem, wo dein Boden hin soll, können also unabhängig von der gesetzlichen Regelung Vorgaben von der Annahmestelle gemacht werden. Deine Tiefbauer haben ja schon anklingen lassen, dass sie es nicht so genau nehmen.

    Wenn der Boden auf eine richtige Deponie soll, dann wirst du Untersuchungen nach Deponieverordnung benötigen.

    Wenn du sparen willst, dann lass die Untersuchung im Rahmen des Bodengutachtens zunächst weg und warte die Ergebnisse ab. Wenn es nach Feldansprache keine Auffälligkeiten gibt und dein Bodengutachter das mit entsprechendem Sachverstand beurteilt und zu Protokoll gibt, besteht auch keine zwingende Notwendigkeit für physikalisch-chemische Untersuchungen. Sollten Auffüllungen vorhanden sein, der Boden stinken oder im Dunkeln leuchten, dann kann man die Untersuchungen immer noch veranlassen.

    Ich persönlich würde Untersuchungen unabhängig von der gesetzlichen Lage nur bis auf ganz wenige Ausnahmen grundsätzlich empfehlen. Und zwar immer dann, wenn Stoffeinträge seit Beginn der Industrialisierung nicht sicher ausgeschlossen werden können. Erhöhte Bleigehalte in der Nachbarschaft würden mir schon ausreichen, um das mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu verneinen. Hier geht es nicht nur um Entsorgung und Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch darum, dass du und deine Familie auf dem Grundstück leben wollen. Damit geht es auch um eure Gesundheit. Ich denke die sollte ein paar hundert Euro wert sein.
     
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  9. #9 thomenec, 16.10.2023
    thomenec

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    Zu beachten wäre noch, dass wenn für die Abfuhr und Deponierung eine Deklarationsanalyse benötigt wird, diese nicht zu alt sein darf. Lagert der Boden unter freiem Himmel längere Zeit kann er sich z.B. durch Umwelteinflüsse (z.B. saurer Regen) auch verschlechtern.

    Probenahme direkt beim Bodengutachten geht eigentlichauch nicht. Du brauchst nämlich nicht einfach Material von den z.B. zwei Ramm- oder Bohrsondierungen, sondern eigentlich Mischproben aus dem gesamten angefallenen Material!

    Die herzustellen ist regelrecht ein Problem, müsste doch alles ausgehoben, beprobt und dann nach Vorliegen der Ergebnisse ein paar Wochen später erst abgefahren werden.
    Da ist Kreativität gefragt.
     
  10. Cybey

    Cybey

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    Vielen Dank für die ausführlichen Antworten! Diese helfen mir schon einmal sehr weiter.

    Es sollte auf jeden Fall vermieden werden, dass der Erdaushub für eine Beprobung erst zwischengelagert werden muss, denn das würde zu exorbitanten Kostensteigerungen führen. Daher müsste ich vorab mit dem Landratsamt klären, wie die Probenentnahme zu erfolgen hat, also ob eine Probenahme mittels Sondierung überhaupt ausreichend ist und wenn nein, welche Alternativen bestehen.

    Ein anderer Weg könnte sein, auf eine Beprobung zu verzichten und das Material gleich auf einer öffentlichen Deponie zu entsorgen. Hintergrund ist, dass die erhöhten Bleigehalte wohl allgemein bekannt sind. So war bereits ein entsprechendes Merkblatt der Baugenehmigung eines Nachbarn aus dem Jahr 2012 beigefügt, bei dem beschrieben wird, wie mit dem (höchstwahrscheinlich) belasteten Erdaushub umzugehen ist. In der Nähe des Bauplatzes (ca. 5,3 km entfernt) gibt es nämlich eine Deponie, die bleibelasteten Erdaushub annimmt und zwar zum gleichen Preis, wie unbelastetes Material. Das ist zwar immer noch erheblich teurer als die Halden der Tiefbauer, aber immerhin eine gangbare Option. Andererseits habt ihr ja bereits gesagt, dass ich auch in diesem Fall und eine Probenentnahme nicht herum komme (Deponieverordnung).
     
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