Gebäude-Begriff und Doppelhaushälfte

Diskutiere Gebäude-Begriff und Doppelhaushälfte im Baugesuch, Baugenehmigung Forum im Bereich Rund um den Bau; Hallo zusammen! Mich beschäftigt die baurechtliche Definition oder Interpretation des Begriffs "Gebäude" in Bezug auf eine Doppelhaushälfte....

  1. #1 Michael W, 13.06.2022
    Michael W

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    Hallo zusammen!

    Mich beschäftigt die baurechtliche Definition oder Interpretation des Begriffs "Gebäude" in Bezug auf eine Doppelhaushälfte. Konkret möchte ich wissen, ob das gesamte Doppelhaus als Gebäude zählt, oder ob jede Doppelhaushälfte für sich baurechtlich ein separates Gebäude darstellt.

    Intuitiv wäre für mich das Doppelhaus insgesamt ein Gebäude. Die jeweiligen Doppelhaushälften entsprechend nur Gebäudeteile. Dem gegenüber erscheint mir bei einem Reihenhaus jedes einzelne Haus als Gebäude, und nicht die zusammenhängende Bebauung insgesamt. intuitiv ist es also nicht konsistent.

    Im Internet gefunden habe ich dazu bisher konkret nur das:
    "Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO entsteht ein Doppelhaus dadurch, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen zu einer Einheit zusammengefügt werden."

    Im konkreten Fall steht jede Doppelhaushälfte auf einem eigenen, separaten Grundstück.
    Dementsprechend würde es sich bei jeder Doppelhaushälfte jeweils um ein eigenständiges Gebäude handeln.


    Der Hintergrund meiner Frage ist wie folgt:
    Ich beabsichtige eine energetische Sanierung der Fassade meiner Doppelhaushälfte. In der textlichen Festsetzung unseres Bebauungsplans gibt es eine Formulierung, die mich möglicher Weise in der Gestaltungsfreiheit erheblich einschränkt:

    "Die sichtbaren Flächen der Außenwände eines Gebäudes sind allseitig aus nur einem Material in einheitlicher Farbgebung auszuführen. Materialunterschiede können nur dann zugelassen werden, wenn sie konstruktiv bedingt sind."

    In meiner möglicher Weise naiven Sicht als Laie sieht es für mich so aus: Wenn das Doppelhaus insgesamt als Gebäude gesehen wird, dann muss meine Hälfte immer so aussehen wie die vom Nachbarn. Ist jede Hälfte für sich ein Gebäude, wäre jede Partei bei der Gestaltung für die jeweils eigene Hälfte frei.


    Wenn ich konkret zur Frage der Fassadensanierung und -gestaltung an Doppelhaushälften im Internet suche, finde ich alle möglichen Aussagen dazu. Von "wenn der B-Plan nicht im Wege steht kannst du machen was du willst" bis hin zu "du darfst nicht einmal die alte verwitterte Farbe mit dem gleichen Farbton neu überstreichen wenn es der Nachbar nicht auch tut". Dadurch bin ich bisher auch nicht schlauer geworden.

    Vielleicht kann mir hier jemand helfen, indem er zumindest die Frage nach dem Gebäudebegriff fundiert beantworten kann, oder sogar hilfreiche Infos zum eigentlichen Hintergrund der Frage beisteuern kann.

    Für eure Bemühungen und eure Unterstützung vielen Dank im Voraus!

    Viele Grüße,
    Michael
     
  2. #2 simon84, 13.06.2022
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    Ich verstehe es so:

    Eine Doppelhaushälfte ist einfach nur ein Gebäude, das in geschlossener Bauweise gebaut wird.
    Genau wie ein Reihenhaus oder Häuserzeilen in Zentren etc.

    Beide Doppelhaushälften müssen keinesfalls immer "gleich" sein, auch wenn das oft so ist!
    Oft werden aus anderen Gründen und auf Basis anderer Rechtsgrundlagen gleiche First/Traufhöhe gefordert und das ist auch sinnvoll.

    Aber gerade in Städten (Zentrum) hast du ja auch komplett unterschiedliche Gebäude aneinandergebaut.

    Ob es da evtl. noch feinere Unterschiede zwischen WEG Teilung und Realteilung weiss ich nicht.

    Vielleicht weiss da @Dimeto mehr.

    Daher bin ich der Meinung du kannst an deiner eigenen Doppelhaushälfte renovieren wie du willst, unabhängig davon ob und wie der Nachbar das macht. Allerdings musst du natürlich an den Anschlüssen, insbesondere Fassade und Dach dafür verantwortlich einen sauberen Abschluss zu schaffen und keinesfalls Schäden am Nachbareigentum zu verursachen. Deshalb ist es sehr sinnvoll, geplante Sanierungen mit dem anderen Eigentümer zu besprechen und idealerweise gleichzeitig oder ähnlich durchzuführen.

    Die Situation gibt es oft, wenn sich in einem Reihenhaus z.B. nur ein Eigentümer, im schlimmsten Fall ein Mittelhaus sich dazu entscheidet, z.B. das Dach zu dämmen etc.
     
  3. #3 Michael W, 13.06.2022
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    Hallo Simon!

    Danke für deine schnelle Antwort :-)
    Wenn es so ist, wie du schreibst, würde es mir die Sache ja relativ einfach machen.
    Mal schauen, ob es dazu noch weitere Einschätzungen gibt.

    Beim Dach habe ich das übrigens Anfang des Jahres bereits gemacht.
    Hier wurden eine Aufsparrendämmung sowie eine Dachgaube eingebaut.
    Entsprechend unterscheiden sich beide Doppelhaushälften im Dachbereich ohnehin schon erheblich.

    Dass man natürlich auf einen fachgerechten Anschluss zum Nachbargebäude achtet ist natürlich selbstverständlich!

    Viele Grüße,
    Michael
     
  4. #4 BaUT, 13.06.2022
    Zuletzt bearbeitet: 13.06.2022
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    Weil dieses ganze Fassadensanierungstheater so kompliziert ist, gibt es keine pauschal richtige Antwort. Der Jurist würde sagen: Es kommt auf den Einzelfall an.

    Beispiel:
    Gemeinsames Grundstück mit zwei Doppelhaushälften, Sondereigentum an der jeweiligen Haushälfte und Sondernutzungsrecht für die jeweilige Gartenhälfte. Da ist klar, dass sich an Außenflächen immer beide Nachbarn abstimmen müssen (Da hatte ich schon skurile Streitigkeiten vor Gericht ...:mauer)

    Beispiel:
    Einzelgrundstücke mit Doppelhausbebauung. Siedlungsbau aus den 30er Jahren. Ortssatzung zu der Erhaltung eines einheitlichen Gestaltungsbildes - oder eben Bebauungsplan.

    Die Formulierung deines B-Planes würde ich mal so auslegen, dass mindestens das Fassadenmaterial und die Oberflächenstruktur, also das Erscheinungsbild inkl. Farbbild bei beiden DHH einheitlich (gleich) sein und bleiben soll. Es soll also keine rote Backsteinfassade einseitig durch ein verputztes WDVS überklebt werden und bei roten Ziegeldächern soll nicht plötzlich jemand mit blauem Ziegel anbauen. Welche Möglichkeiten du innerhalb dieser Regelung hast, kannst du nur persönlich mit deinem Bauamt klären. Mach ein paar Fotos von beiden Häusern und nimm diese als optische Unterstützung mit zum BA. Vielleicht auch noh Fotos von bereits existierenden Abweichungen in eurer Siedlung, die den bisherigen Ermessensspielraum abbilden.
     
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  5. #5 simon84, 13.06.2022
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    Die Festsetzung zum Bebauungsplan (Text) bezieht sich auf das gesamte Gebäude, also beide Doppelhaushälften.
    Hier geht es um städtebauplanerische Punkte, Außenwirkung, Erscheinungsbild etc.

    Was hast du denn konkret vor ? Wie sieht die Fassade aktuell aus?
    Anderes Material durch Dämmung ist konstruktiv bedingt, da sehe ich kein Problem.

    Was vermutlich nicht so leicht gehen, wird wie schon geschrieben ist eine Seite Klinkerfassade, die andere rauer Putz.
    Oder komplett unterschiedliche Farben.

    Ein leichter Unterschied in der Putzstruktur, der durch das WDVS bauartbedingt ist, mit gleichfarbigem Anstrich, ich lehne mich mal aus dem Fenster aber bin der meinung das kriegt man genehmigt.
     
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  6. #6 Michael W, 13.06.2022
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    Hallo nochmal!

    Und nochmal Danke für eure Beiträge :-)

    Wie gesagt, es sind zwei getrennte Grundstücke, also nichts mit WEG und Sondereigentum etc.
    Zur Gestaltung ist mir außer der Formulierung im B-Plan nichts weiter bekannt, also z.B. keine Ortssatzung.
    Es gibt auch keine weiteren Besonderheiten wie Denkmalschutz oder "ortsbildprägend" oder sonstiges.

    Aktuell sind beide Hälften sandgelb geklinkert.
    Klinker soll weg, WDVS davor und dann Klinkerriemchen drauf.
    Bei der Farbe möchte ich nicht wieder sandgelb - wenn ich nicht muss.
    Wenn ich schon alles neu mache, dann lieber mit etwas, was mir persönlich mehr zusagt.
    Ich tendiere zu einem hellen grau.

    Je nachdem welche Möglichkeiten ich habe, technisch wie auch rechtlich, denke ich auch über Naturstein nach.
    Gerne auch fugenlose Verblender, die nachher einer Naturstein-Trockenmauer ähnlich sehen.

    Den Fall, dass eine rote Backsteinfassade einseitig durch ein verputztes WDVS überklebt wurde, habe ich zwei Häuser weiter nebenan. Bei einem Doppelhaus, welches unter dem First geteilt ist. Sieht sehr interessant aus, Bild ist anbei.
    Auch um die Ecke gibt es ein Doppelhaus, bei dem beide Hälften unterschiedlich geklinkert sind. Hier ist sogar die eine Seitenwand des Hauses gelb-rot, während die Front grau ist. Vermutlich schon zum Zeitpunkt des Neubaus so ausgeführt.
    Weiterhin gibt es ein halbseitig saniertes Doppelhaus, bei dem der Putz auf beiden Hälften jeweils unterschiedlich gestrichen ist (einmal beige, einmal grün).
    Übrigens alles im gleichen B-Plan. Aber eine Befreiung hat vermutlich keiner beantragt. Ich denke nicht, dass der Passus aus der textlichen Festsetzung bekannt ist. Und wo kein Kläger da kein Richter. Mir ist das aber zu riskant, wenn bei einer 20.000 Euro Baustelle der Nachbar hinterher den Rückbau fordern kann.

    Bauamt hatte ich übrigens schon per Email angefragt. Die Sachbearbeiterin hatte die Frage aber anscheinend nicht so ganz verstanden, sie hatte ziemlich pauschal geantwortet. Letztlich entscheidet sie das auch nicht, dass machen die Erwachsenen in der Stadtplanung. Mit denen habe ich nicht so besonders gute Erfahrungen, da sie auch schon mal etwas gegen meine (inzwischen doch realisierte) Dachgaube hatten und nicht genehmigen wollten. Aber wahrscheinlich führt kein Weg an einem Weg zum Bauamt vorbei um die Sache verbindlich zu klären.

    Viele Grüße,
    Michael
     

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  7. #7 simon84, 13.06.2022
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    denke ich auch wenn du von Sandgelb Klinker auf weiß Putz willst steht das schon in Kontrast zum Bebauungsplan

    am besten die Beispiel Fotos der anderen Häuser mitnehmen zusammen mit der Simulation deiner eigenen Haus Front aus dem CAD, Photoshop oder ähnlich
     
  8. #8 Michael W, 13.06.2022
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    Habe gerade einen Termin vereinbart :-)
    Leider erst in 3 Wochen verfügbar :-/
     
  9. Dimeto

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    Ein Gebäude muss selbständig benutzbar sein, also bei Doppelhaushälften muss die eine ohne die andere existieren können. Eine Kommunwand ist dabei i.A. unschädlich, da diese beim Abriss einer Hälfte ja normalerweise stehen bleiben kann. Bei Deinem ersten Beispielbild hätte ich Zweifel an der Selbständigkeit, doch sogar hier wurde offensichtlich unbeanstandet unterschiedlich gestaltet.

    Sofern aus der Begründung zum Bplan keine klarere Absicht der Stadtplaner zur Gestaltung von Doppel- oder Reihenhäusern hervorgeht, lässt Dir der Bplan dahingehend Individualität. Mit den Beispielen aus der Nachbarschaft und dem Einverständnis des direkten Nachbarn hatte ich keinerlei Bedenken gegen eine unabhängige Gestaltung.
     
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  10. #10 Michael W, 13.06.2022
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    Hallo Dimeto!

    Danke auch dir für deine Einschätzung :-)
    Ich werde ohnehin auf die Nachbarn zugehen, die sind nur momentan nicht erreichbar.
    Ob ich deren Zustimmung bekomme werde ich dann sehen, sie waren schon bei der Gaube nicht besonders kooperativ.
    Aber vielleicht haben sie dabei jetzt auch gesehen, dass das alles gar nicht so schlimm ist, und zeigen das nötige entgegenkommen.

    Der Termin beim Bauamt in drei Wochen wird dann hoffentlich endgültig Aufschluss geben.

    Danke nochmal für alle Beiträge und eure Gedanken dazu :-)
    Und einen schönen Abend noch!

    Viele Grüße,
    Michael
     
  11. #11 Fabian Weber, 13.06.2022
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    Bei den Fotos weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll.

    Das kommt bei dem tollen Individualismus dann halt raus.

    Ein schönes Ortsbild ist für mich jedenfalls was anderes.
     
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