Nutzungsänderung bei geringem Grenzabstand im Bestand

Diskutiere Nutzungsänderung bei geringem Grenzabstand im Bestand im Baugesuch, Baugenehmigung Forum im Bereich Rund um den Bau; Hallo zusammen, ich hätte eine Frage zu folgendem Sachverhalt: In einem Mischgebiet in Baden-Württemberg sind zwei bebaute Flurstücke, Flurstück...

  1. Cybey

    Cybey

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    Hallo zusammen,

    ich hätte eine Frage zu folgendem Sachverhalt:

    In einem Mischgebiet in Baden-Württemberg sind zwei bebaute Flurstücke, Flurstück A und Flurstück B. Auf Flurstück B steht seit sehr langer Zeit ein Wohn- und Wirtschaftsgebäude (WWg) eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs mit einem Grenzabstand zu Flurstück B von nur ~1 m. Dieser geringe Grenzabstand ist historisch bedingt. Wie früher üblich, waren die Wohnung des Landwirts und die Stallungen + sonstigen Nutzflächen in einem Gebäude untergebracht. Im Sachverhalt ist auf der zur Grenze des Flurstücks A abgewandten Seite die Wohnung, die Stallungen etc. (Ökonomie) in dem Teil des Gebäudes, der zur Grenze des Flurstücks A gewandt ist. Entsprechende Skizzen sind diesem Post angehängt.

    Das Flurstück B wurde verkauft und die neuen Eigentümer haben das Gebäude nun umgebaut. Der Teil, der früher landwirtschaftlichen Zwecken diente, ist nun Wohnraum (der ehemalige Heuboden) bzw. zwei Unterstellplätze für die Autos (die ehemaligen Stallungen). Gegenüber dem Bauamt wurde keine Nutzungsänderung beantragt oder angezeigt.

    Nun stellen sich folgende Fragen:
    (A) Kann eine Nutzungsänderung ohne Genehmigung der Baubehörde vorgenommen werden?
    (B) Bei Bejahung von (A): Welchen Einfluss hat der Grenzabstand von nur ~1 m auf die Nutzungsänderung?
    (C) Bei Bejahung von (A) und Verneinung von (B): Mit welchen Einschränkungen (z.B. hinsichtlich einer späteren Bebauung) hat der Eigentümer des Flurstücks A durch die Nutzungsänderung zu rechnen?


    In der Landesbauordnung BW habe ich die aus meiner Sicht relevanten Stellen rot markiert:
    --------------------
    § 50
    Verfahrensfreie Vorhaben

    (1) Die Errichtung der Anlagen und Einrichtungen, die im Anhang aufgeführt sind, ist verfahrensfrei.
    (2) Die Nutzungsänderung ist verfahrensfrei, wenn
    1. für die neue Nutzung keine anderen oder weitergehenden Anforderungen gelten als für die bisherige Nutzung oder
    2. durch die neue Nutzung zusätzlicher Wohnraum in Wohngebäuden nach Gebäudeklasse 1 bis 3 im Innenbereich geschaffen wird.
    [...]
    (5) Verfahrensfreie Vorhaben müssen ebenso wie genehmigungspflichtige Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen. § 57 findet entsprechende Anwendung.

    § 2
    Begriffe

    (4) Gebäude werden in folgende Gebäudeklassen eingeteilt:
    1. Gebäudeklasse 1: freistehende Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m² und freistehende land- oder forstwirtschaftlich genutzte Gebäude,
    2. Gebäudeklasse 2: Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m²,
    3. Gebäudeklasse 3: sonstige Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m,
    4. Gebäudeklasse 4: Gebäude mit einer Höhe bis zu 13 m und Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr als 400 m²,
    5. Gebäudeklasse 5:
    sonstige Gebäude einschließlich unterirdischer Gebäude.
    --------------------

    Nach meinem Verständnis sollte damit eine Nutzungsänderung für das Gebäude des Flurstücks B verfahrensfrei möglich sein. Allerdings bin ich mir nicht sicher, wie mit dem Teil des Gebäudes umzugehen ist, der den nach
    § 5 Abs. 7 LBO BW geltenden Grenzabstand von 2,5 m unterschreitet. Nach meinem Verständnis sind die zum Zeitpunkt der Nutzungsänderung geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften einzuhalten. Andererseits genießt das Gebäude Bestandsschutz. Der Bestandsschutz dürfte sich aber nur auf die bisherige Nutzung beziehen?

    Danke bereits im Voraus für eure Einschätzung!
     

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  2. #2 hanghaus2000, 13.08.2023
    Zuletzt bearbeitet: 13.08.2023
    hanghaus2000

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    Ich hatte den Fall, das mit der Nutzungsaenderung (und Umbauarbeiten) die Abstandsflaechen eingehalten werden muessen.

    Verfahrensfei bedeutet nicht das man die Bauregeln nicht einhalten muss.

    Mit den Umbaumassnahmen erlicht mMn in der Regel der Bestandsschutz.
     
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  3. Cybey

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    Alles klar, vielen Dank! Deine Auffassung deckt sich also mit meiner.
     
  4. #4 hanghaus2000, 24.08.2023
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    Ist @Dimeto hier noch nicht gelandet?
     
  5. Dimeto

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    Jetzt schon.
    Der Fall ist aber sehr speziell, so dass ich statt zu antworten nur folgendes anmerke:
    Ich bezweifle die Genehmigungsfreiheit, da ja nicht nur Wohnraum, sondern auch KFZ-Stellplätze geschaffen wurden. Außerdem bezweifle ich, dass die neuen Nutzungen ohne genehmigungspflichtige Umbaumaßnahmen realisiert werden konnten.
    Bezüglich der Unterschreitung des Mindestgrenzabstands könnte die Baurechtsbehörde eine Abweichung gemäß §56 Abs. 2 Nr. 1 LBO zulassen, die, falls die Baurechtsbehörde meine Zweifel nicht teilt, nach Abs. 6 zu beantragen gewesen wäre. Wenn sich an den Außenwänden gar nichts verändert hat, könnte man auch das für entbehrlich halten, da der Nachbar ja in seinen Rechten nicht mehr als bisher eingeschränkt ist.
     
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