Bebauungsplan vs. Bauantrag - Was hat Vorrang?

Diskutiere Bebauungsplan vs. Bauantrag - Was hat Vorrang? im Baugesuch, Baugenehmigung Forum im Bereich Rund um den Bau; Hallo zusammen, wir hoffen, dass die Schwarmintelligenz hier im Forum uns ein paar Denkanstöße zu folgenden Thema geben kann: Wir haben vor ein...

  1. fumarat

    fumarat

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    Hallo zusammen,

    wir hoffen, dass die Schwarmintelligenz hier im Forum uns ein paar Denkanstöße zu folgenden Thema geben kann:

    Wir haben vor ein paar Jahren in Bayern gebaut; es galt und gilt ein Bebauungsplan, dessen Vorgaben wir alle eingehalten haben (hatten damals nur im Freistellungsverfahren beantragt, ohne Probleme). Ringsum haben nach und nach weitere Familien gebaut, alle ebenfalls unter Bebauungsplan und Freistellungsverfahren.

    Der Bebauungsplan schreibt für unser Gebiet explizit Einfamilienhäuser vor; Doppelhäuser oder sonstige Mehrparteienhäuser sind nicht zulässig.

    Nun hat letztes Jahr südöstlich von uns jemand ein 3-Familienhaus errichtet, das inzwischen vermietet ist. Der Bauherr hatte uns vor Baubeginn den Eingabeplan zur Unterschrift vorgelegt. Wir hatten damals - selbst im Baustess und noch relativ naiv als frische Bauherren - den Plan so unterschrieben. Auch deshalb, weil uns das Grundstück nur an einer Ecke berührt. --> Siehe Anhang.

    Das Bauvorhaben verletzt unserer Ansicht nach in mehreren zentralen Punkten den Bebauungsplan:
    • 3-Familienhaus, obwohl laut BBP nur EFH zulässig sind.
    • Deutliche Überschreitung der Grundflächenzahl (Grundfläche/Grundstücksfläche). Zum Vergleich, im Bild ist unser Haus zu sehen, das exakt die maximal zulässige Grundflächenzahl erreicht. Das 3-Familienhaus südöstlich hat eine deutliche größere Grundfläche und geht auf drei Seiten bis an den Mindestabstand von 3 m zu de Nachbargrundstücken heran.
    • Überschreitung der Geschoßflöchenzahl.
    • Überschreitung der maximal versiegelten Fläche (südlich vor dem Haus sind sechs Parkplätze gepflastert, plus ein Weg ums Haus).
    • Keine PV-Anlage, obwohl PV-Pflicht laut BBP.
    • Aufgrund der Stellplätze und Versiegelung kein Platz mehr für zwei Baumpflanzungen, die laut BPP vorgeschrieben sind.

    Vor kurzem haben wir erfahren, dass eine weitere Partei eine 1:1-Kopie dieses 3-Familienhauses auf dem noch freien, uns direkt südlich angrenzenden Grundstück bauen will (es ist aber noch nicht klar, wann Baubeginn).

    Aufgrund der Übergröße und Nähe des Hauses (Minimalabstand von 3 m) befürchten wir einige negative Auswirkungen (stärkere Verschattung im Garten, Haustüre direkt an unseren Garten angrenzend, deutlich mehr Parteienverkehr, 4 Mülltonnen und 4 Papiertonnen neben unserer Terrasse). Aber auch ungeachtet dessen, welche Auswirkungen wir zu erwarten hätten, ist es auch eine Frage der Fairness allen anderen Bauherren gegenüber (z.B. Pflicht zur teuren PV-Anlage, etc.).

    Nun zu unseren konkreten Überlegungen, bzw. Fragen:
    1. Kann ein solches Bauvorhaben (bzw. das bereits südöstlich errichtete, identische Haus) rechtlich zulässig sein, obwohl es zahlreiche Auflagen des Bebauungsplans verletzt?
    2. Kann die Baubehörde (Landratsamt in Bayern) eine einzelne Baugenehmigung derart stark abweichend von einem Bebauungsplan erteilen, bzw. würde dann ein Genehmigungsverfahren den Bebauungsplan "überstimmen"?
    3. Da noch nicht klar ist, wann auf dem südlichen noch freien Grundstück der Baubeginn erfolgt: Gibt es eine Möglichkeit, sich als Anlieger vom Landratsamt benachrichtigen zu lassen, falls eine Bauvoranfrage oder ein Bauantrag eingeht?
    4. Welche Möglichkeiten hätten wir bei einem regulären Bauantrag des Nachbarn einzuschreiten, wenn dieser den Bebauungsplan nicht einhält?
    5. Was können wir tun, wenn wir keinen Eingabeplan zur Unterschrift bekommen und es unerwartet zum Baubeginn kommt?

    Wir erwarten selbstverständlich keine Rechtsberatung!
    Danke dennoch für eure Gedanken und Denkanstöße zu dem Thema.

    Beste Grüße und ein schönes Pfingstwochenende!
     

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  2. nordanney

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    1. Es gilt IMMER der B-Plan, den man einhalten muss
    2. Willst du vom B-Plan abweichen, bedarf es einer expliziten Ausnahmegenehmigung.

    Wenn 2. erteilt wird, gibt es eher keine Möglichkeiten. Dazu hilft ausschließlich ein Jurist
     
  3. fumarat

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    Danke für deine Antwort!
    Gibt es eine Möglichkeit, einzusehen, ob eine solche explizite Ausnahmegenehmigung für das Haus südöstlich von uns erteilt wurde?
    Die müsste ja dann das zuständige Landratsamt erteilt haben?
     
  4. nordanney

    nordanney

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    Frag einfach nach. Geh aber mal davon aus, dass niemand ein 3FH baut, wenn er keine Genehmigung hat
     
  5. msfox30

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    Auf welcher Basis würde er die bekommen? Wenn ein Haus ein 3FH ist, kann dann die Behörde abweichend vom B-Plan genehmigen?
     
  6. nordanney

    nordanney

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    Keine Ahnung. Wir kennen weder den Ort, den B-Plan, noch irgendwelche weiteren Infos. Insofern kann ich dir keine Basis nennen.
     
  7. simon84

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    Naja der Grund warum ihr unterschreiben musstet war doch wohl vielmehr weil es eine Abweichung gab.
    Sonst hätte der doch einfach bauen können :)

    Das dreifamilienhaus braucht pro Familie deutlich weniger platz als drei Einfamilienhäuser.

    Laut skizze seid ihr aktuell eigentlich gar nicht stark betroffen, da es um einen “ecknachbar” geht. Und wenn eine weiteres MFH gebaut wird dann doch dann genauso betroffen wie Nachbar B der das MFH schon die ganze Zeit vor der Nase hat.

    wenn wieder in Brief kommt, dann könnt ihr dieses Mal ja widersprechen
     
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  8. fumarat

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    Genau, das schon bestehende 3FH betrifft uns nicht so wirklich. Interessant ist, dass Nachbar B nicht der ursprüngliche Grundstückseigentümer ist, der dem 3FH vermutlich nicht widersprochen hat. Nachbar B hat das Grundstück erst gekauft, als das 3FH schon im Bau war.

    Uns geht es darum, wie man möglichst früh zunächst von einem möglichen Bauantrag auf dem südlichen Grundstück mitbekommt und welche Schritte man dann gegebenenfalls einleiten kann. Und sich darauf vorzubereiten.
     
  9. Fred Astair

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    Sehe es wie @simon84 . Konzentriert Eure Aktivitäten auf das neue 3-Fam. Haus und nicht auf Eure vermeintliche Unzurechnungsfähigkeit von vorigem Jahr.
    Eine Abweichung vom B-Plan, von Euch mit Unterschrift toleriert, zieht nicht automatisch eine Genehmigung für weitere Abweichungen nach sich. Heißt, der Neue kann nicht verlangen, dass Ihr auch seinen Zettel unterschreibt, weil Ihr dem Anderen zugestimmt habt. Ihr müsst auch nicht begründen, warum Ihr nicht unterschreibt.
     
  10. fumarat

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    Absolut, das bestehende 3FH ist gar nicht Gegenstand unserer Überlegungen. Ich hab es nur so ausführlich beschrieben, damit klar wird, was auf dem noch freien Grundstück entstehen soll.

    Könnte die Baubehörde (Landratsamt in Bayern) aber dennoch eine "Nicht-Unterschrift" unsererseits zwar zur Kenntnis nehmen, aber letztlich doch die Baugenehmiggung (trotz der starken Abweichungen vom B-Plab) erteilen und wir müssten im Fall des Falles den Rechtsweg nehmen?

    Möchte nochmal betonen, dass wir hier keineswegs NIMBYs sein wollen. Aber wenn sich in einem Baugebiet 38 von 40 Bauherren an die teils teuren Auflagen halten und die Gebäude selbst nutzen und bewohnen und nur zwei nicht, löst das in mir schon einen gewissen Gerechtigkeitsdrang aus.
     
  11. simon84

    simon84
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    ja

    das wollte ich auch nicht unterstellen.
    Tatsache ist halt dass ein MFH den Raum besser nutzt und deshalb auch gewisse Zugeständnisse gemacht werden.

    es wurde halt etwas emotional beschrieben. den “mindest abstand” von 3 Metern kann doch jeder nutzen, von baufenster mal abgesehen.
    Privilegiert kann man auch direkt an die Grenze bauen mit zB carport oder Gartenhaus

    und die “teure” PV Anlage habt ihr doch und profitiert davon. Die ist so oder so super. Egal ob Pflicht oder nicht.

    fragt doch beim Bauamt wegen der damaligen Abweichungen nach.
    Kann doch Nix passieren, außer dass es euch auch genehmigt würde :)
     
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  12. fumarat

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    Alles gut, das hatte ich auch gar nicht im Sinn :)

    Dennoch kann der Vermieter des 3FH seine Baukosten drücken, indem er auf die Investition in eine PV verzichtet; den Nachteil haben dann die Mieter.
    Alle EFH-Bauherren waren zu dieser Investition gezwungen.

    Es gäbe halt im B-Plan auch separat ausgewiesene Bereiche für Mehrfamilienhäuser, teilweise mit über 20 Parteien. Warum also genau im Gebiet der EFH ein solches 3FH genehmigt werden sollte, v.a. mit Verweis auf bessere Ausnutzung des Wohnraums, erschließt sich mir nicht ganz.

    Aber ja, ich werde versuchen beim zuständigen Bauamt Auskunft zu bekommen.
     
  13. LordOfLight

    LordOfLight

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    Dazu einen kurzen Einwand. Richtig müsste es heißen, dass er NOCH keine PV installiert hat oder wurde euch von dem Bauherrn mitgeteilt, dass definitiv keine kommen wird oder gab es im BPlan eine zeitliche Frist bis wann die PV installiert werden muss?
     
  14. msfox30

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    Wenn dem so ist. Warum macht es dann nicht gleich im B-Plan fest?
     
  15. fumarat

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    Das 3FH ist seit einem Jahr vermietet. Der B-Plan sagt aus, dass je Grundstück eine PV-Anlage mit einer Mindestfläche von 20 m2 zu errichten ist; eine Frist wird dabei nicht gesetzt. In wie weit eine Nutzungsaufnahme eines fertiggestellten Gebäudes allerdings möglich ist, wenn selbst nach einem Jahr die Anforderungen des B-Plans nicht erfüllt sind, ist schon fraglich. Immerhin muss die Fertigstellung und Nutzungsaufnahme ja auch angezeigt werden.
     
  16. Dimeto

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    Ja.
    Ja.
    Da nach Art. 66 BayBO der Bauherr verpflichtet ist, die Bauvorlagen dem Nachbarn zur Unterschrift vorzulegen, sieht das Gesetz keine Verpflichtung für das Landratsamt vor. Wenn Du nicht unterschreibst, bekommst Du aber eine Kopie der Baugenehmigung von der Genehmigungsbehörde.
    Nahezu keine direkten Abwehrmöglichkeiten, da fast alle bauplanungsrechtlichen Festsetzungen nicht nachbarschützend sind. Du kannst die Verstöße aber bei der Genehmigungsbehörde anzeigen. Falls die nicht handelt, kannst Du Dich an die höhere Bauaufsichtsbehörde wenden (s. Art. 53 BayBO).
    Beschwerde bei der unteren Bauaufsichtsbehörde einlegen. Falls die nicht handelt, kannst Du Dich an die höhere Bauaufsichtsbehörde wenden (s. Art. 53 BayBO).
     
  17. fumarat

    fumarat

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    Vielen Dank euch für die bisherigen Antworten.

    Was ich bisher verstanden habe:
    • Ein B-Plan geht immer vor, es sei den es gibt eine explizite Ausnahmegenehmigung für die Abweichungen vom B-Plan.
    • Eine solche Genehmigung kann nur nach Antrag beim Landratsamt erteilt werden.
    • Meine Unterschrift auf dem Eingabeplan ist für so eine Genehmigung nicht relevant.
    • Ich kann meine Unterschrift aber ohne Angabe von Gründen verweigern.
    Jetzt stellen sich mir zwei Fragen:

    1. Sollte uns irgendwann tatsächlich der Eingabeplan zu so einem 3FH erreichen und wir unterschreiben nicht. Welche weiteren Möglichkeiten der Einspruchnahme bleiben dann noch?

    2. Nur mal hypothetisch. Sollten wir keinen Eingabeplan zur Unterschrift gezeigt bekommen, hieße das ja, dass im Freistellungsverfahren gebaut wird. Was können wir tun, wenn wir z.B. erst beim Aufmaß merken, dass dort das identische riesige 3FH gebaut werden soll?
     
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