Energieausweis: Endenergiebedarf, Nutzenergiebedarf

Diskutiere Energieausweis: Endenergiebedarf, Nutzenergiebedarf im EnEV 2002 / 2004 / 2007 / 2009 Forum im Bereich Bauphysik; Hallo zusammen, mir ist durchaus bewusst, dass sich mit einem Energieausweis die Verbrauchskosten eines Hauses nicht sinnvoll vorhersagen...

  1. #1 MichaGue, 30.01.2013
    MichaGue

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    Hallo zusammen,

    mir ist durchaus bewusst, dass sich mit einem Energieausweis die Verbrauchskosten eines Hauses nicht sinnvoll vorhersagen lassen. Zwei Angaben in meinem Energieausweis haben mich aber trotzdem zum Nachdenken angeregt.

    Mein Energieausweis gibt einen Endenergiebedarf von 12,4 kWh/m²a und einen Nutzenergiebedarf von 22,8 kWh/m²a an. Zugrunde gelegt sind jeweils der Energiebedarf für Heizung und Warmwasser. Die Bezugsfläche beträgt 309,05m². Beheizt wird das Haus mit einer Luftwasserwärmepumpe (LWWP).

    Unter Endenergie verstehe ich den Strom [kWh_elektrisch], den ich für den Betrieb der Heizungsanlage benötige. Unter Nutzenergie verstehe ich die Wärmemenge [kWh_thermisch], die ich für die Erwärmung von Haus und Brauchwasser benötige.

    Anhand der genannten Zahlen (Bedarf x Bezugsfläche) benötigt mein Haus laut Energieausweis 3832 kWh_el und 7046 kWh_th. Es wurde also nur eine Arbeitszahl der Wärmepumpe von (7036kWh_th) /( 3832 kWh_el) = 1,83 vorausgesetzt. Ist das richtig oder habe ich einen Gedankenfehler?

    Meine Datenaufzeichnung läuft seit November, d.h. ich habe Verbrauchswerte für 3 Monate (nicht viel, aber immerhin die Zeit mit dem höchsten Bedarf). In diesen 3 Monaten habe ich ca. 1987 kWh_el verbraucht und damit ca. 6955 kWh_th erzeugt, was eine Arbeitszahl von 3,5 ergibt. Lege ich eine gebräuchliche Verteilung des Heizbedarfs/Jahr zu Grunde (Jan 18.1%, Feb 15.4%, Mrz 14.0%, Apr 9.0%, Mai 3.7%, Jun 0%, Jul 0%, Aug 0%, Sep 1.6% Okt 8.7%, Nov 12.8%, Dez 16.7%) komme ich auf einen Endenergiebedarf von 4174 kWh_el. Angenommen die Arbeitszahl bleibt bei 3.5, erzeuge ich damit 14609 kWh_th.

    Der Endenergiebedarf passt damit einigermaßen mit den Angaben im Energieausweiß zusammen. Bedenkt man, dass bei der EnEV mit 19°C Raumtemperatur gerechnet wird, wir aber eher 21°C Raumtemperatur haben, passt es sogar sehr gut. Mit der Faustformel 1°C höhere Raumtemperatur = 6% höherer Heizbedarf ergäbe sich ein Endenergiebedarf von 3832 kWh_el x 1,12 = 4292 kWh_el. Abweichung zum Energieausweiß nur 118 kWh_el.

    Bei der Nutzenergie passt es aber vorne und hinten nicht. Im Energieausweis wird ein Nutzenergiebedarf von 7046 kWh_th genannt, in der Realität lande ich irgendwo bei 14609 kWh_th, also bei mehr als dem Doppelten.

    • Habe ich einen Gedankenfehler in meinen Überlegungen?
    • Natürlich bezahle ich die Endenergie und da lande ich ja auch im Zielkorridor, aber auch nur, weil meine Technik deutlich besser ist als im Energieausweis angenommen. Im Umkehrschluss scheint die Hülle deutlich schlechter zu sein als berechnet.
      • Welchen Anteil hat dabei eine eventuell noch vorhandene Baufeuchte?
      • Muss ich das akzeptieren, oder kann ich hier auf meinen Generalübernehmer zugehen?

    Vielen Dank für Eure hilfreichen Rückmeldungen.

    Gruß Michael
     
  2. R.B.

    R.B.

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    Vergiss den Energieausweis wenn Du reale Verbrauchsdaten ermitteln oder vergleichen möchtest. Das Thema hatten wir schon so oft.

    Auch eine Ableitung aus dem Verbrauch der letzten 3 Monate bringt nicht viel, da wir nur ein paar kalte Tage hatten. Baufeuchte spielt auch eine Rolle, und das Nutzerverhalten sowieso.

    Aber wie kommst Du darauf. dass die Hülle deutlich schlechter sein soll? Aus der Endenergie im Energieausweis kann man das kaum ableiten.

    Gruß
    Ralf
     
  3. #3 Alfons Fischer, 30.01.2013
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    ich kenne Ihre Berechnung nicht. Ich vermute, dass in der "Nutzenergie" die Warmwasserbereitung nicht enthalten ist. Mich irritiert aber der Begriff Nutzenergie. Steht das wirklich so im Energieausweis? Oder doch eher Endenergie?

    Beachten Sie bitte: im Endenergiebedarf nach EnEV ist auch Pumpenstrom enthalten. Und im Falle einer Lüftungsanlage auch Ventilatorstrom. Diese Anteile werden in der Regel nach pauschalen Leitungslängen berechnet, die manchmal recht hoch sind.
    Mit den angenommenen 19°C Raumtemperatur (durchschnittlich), sollen auch gewissen "Teilbeheizungen" (also Räume, die auch mal nicht beheizt werden) berücksichtigt werden. im EnEV-Nachweis ist in der Regel auch standardmäßig eine Nachtabsenkung berücksichtigt, die Sie vermutlich nicht fahren.
     
  4. #4 MichaGue, 30.01.2013
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    Hallo zusammen,

    vielen Dank für die Rückmeldungen. Wie bereits ganz am Anfang meines Postings erwähnt, ist mir bewußt, dass der Energieausweis nicht für die Vorhersage des Energieverbrauchs geeignet ist. Aber es stellt sich doch die Frage, wo die genannte Diskrepanz herkommt.

    Hm, wenn die Endenergie die für das Haus nötige Wärme beschreibt und die tatsächlich anfallende Endenergie in der Praxis das doppelte erwarten lässt, dann kann es das doch Nutzverhalten (2°C höhere Raumtemperatur wurden von mir mit 12% höherem Heizbedarf berücksichtigt) und die Baufeuchte (Einfluss unbekannt) nicht alleine sein, oder? Bleibt die Hülle (Wände, Fenster, Dach, ...) an sich übrig.

    In meinem Energieausweis ist der Begriff "Endenergie" zu finden (siehe Seite 38 Anhang). Laut diesem Diagramm ist dort Heizung und Warmwasser berücksichtigt.

    Gruß Michael
     

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  5. #5 Alfons Fischer, 31.01.2013
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    nochmal: Im Endenergiebedarf sind auch Pumpenstrom und Ventilatorstrom enthalten. Sie haben doch eine Lüftungsanlage mit WRG...

    Der Einfluss der Baufeuchte kann immens sein. Ich würde mal behaupten: kann schon mal 2000-5000 kWh/a ausmachen. Je nachdem, wieviel Feuchte da war. Früher hat's immer geheisen: bis zu 20%. Da der Dämmstandard aber seit "früher" besser geworden ist, die Feuchtemengen aber konstant blieben, steigt logischerweise deren Anteil...
     
  6. #6 MichaGue, 31.01.2013
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    Hallo Herr Fischer,

    vielen Dank für Ihre Rückmeldung.

    In meinen Strombverbrauchsmessungen ist das aber auch alles enthalten. Die von mir genannte Arbeitszahl beruht auf der erzeugten Wärme (Heizung + Warmwasser) und dem dafür verbrauchten Strom (Heizung, Pumpen, Lüftungsanlage).


    Welchen Zeitraum muss man denn für die "Austrocknung" des Bauwerks annehmen?
     
  7. #7 Alfons Fischer, 31.01.2013
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    wenn Sie die Lüftungsanlage mit reinrechnen ist das aber keine echte Arbeitszahl für die Wärmepumpe.

    Austrocknung beim "normalen" Massivbau. 1-2 Heizperioden. Wobei in der ersten natürlich mehr austrocknet als in der zweiten.
     
  8. R.B.

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    Wie hoch ist die Heizlast nach EN12831?
    Welche Heizleistung hat die WP?
    Wie groß ist die beheizte Fläche? im Ausweis steht was von 264m2 wenn ich das richtig gesehen habe, ist das korrekt?

    Im Ausweis wurde mit einer LWP und einem Bivalenzpunkt von -4°C gerechnet. Schätze ich über die Hülle dann komme ich auf fast 5kW Transmission, dazu dann noch die Lüftungsverluste. Da wäre es nicht verwunderlich, wenn im ersten Jahr >> 10.000kWh thermisch notwendig werden, auch 15.000kWh wären plausibel.

    Gruß
    Ralf
     
  9. #9 Alfons Fischer, 31.01.2013
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    Sind wir mal ehrlich: so richtig wird man das nicht beurteilen können, wenn erst Daten aus 3 Monaten Laufzeit vorliegen. Die ersten 3 Monate übrigens. Oder habe ich das falsch verstanden?
    Ist denn die Vorlauftemperatur schon optimiert oder musste nachreguliert werden?
    Sind wirklich nur die Verbräuche aus der Nutzung enthalten oder ist da noch Baustrom mit reingeflossen? Evtl. auch das Aufheizen des Estrichs?
     
  10. R.B.

    R.B.

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    Jepp. Und es wäre auch interessant zu wissen, WIE diese Daten ermittelt wurden. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass irgendwelche Hausnummern aus einem Regler ausgelesen wurden, der mangels hardware gar kein echter Wärmemengenzähler ist.
    Das mit der Vorlauftemperatur als Beispiel würde ich auch unterstützen. Ich kenne keine Anlage die nach Inbetriebnahme sofort optimal läuft.

    Für mich gibt es, neben den Schwächen einer Abschätzung mit Hilfe des EnEV Nachweis, zuviele Faktoren die man nicht genau erfassen kann.

    Gruß
    Ralf
     
  11. #11 MichaGue, 31.01.2013
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    Das ist richtig. Die Arbeitszahl bezieht sich dann auf das komplette "Heizsytem", was aber meiner Meinung nach ehrlicher ist.

    Heizlast nach EN12831 = 6,5kW
    Heizfläche = Fläche innerhalb thermischer Hülle: 245m²

    Hausbezug war Anfang Oktober 2012. Eine erste Maßnahme war es alle ERR zu deaktivieren und die Heizkreise komplett offen zu fahren. Damit verbunden wurde die Heizkurve abgesenkt, bis die Temperaturen in den Räumen passten. Die WP ist Rücklauf geregelt. Die aktuelle Heizkurve: Steigung 26°C/-20°C und Parallelverschiebung 20,5°C/-20,5°C. Am Auslegungspunkt von -12°C ergibt das einen Rücklauf_Soll von ca. 25,8°C. Seit November fahren wir mit dieser Einstellung. Die tatsächliche Wärmemenge + Strom ist auf Grund Estrichtrocknung/Baustrom höher. Meine genutzte Datenaufzeichnung läuft ab November 12. Strom wird am Stromzähler der WP notiert, die Wärmemenge am Wärmemengenzähler der WP.

    Natürlich ist es schwer anhand der aktuell vorliegenden Daten ein genaue Aussage zu treffen. Auffällig ist aber trotzdem die Diskrepanz bei der Nutzenergie.

    Der im Energieausweis angegebene Endenergiebedarf (3832 kWh_el @ 19°C) passt einigermaßen mit meinem aus den Messdaten abgeschätztem Endenergiebedarf (4174 kWh_el @ 21°C), obwohl die Nutzenergie in Realität mehr als doppelt so hoch zu erwarten ist als im Energieausweis berechnet. Erreichbar ist das nur, weil die Arbeitszahl des kompletten Heizsystems in Realität deutlich besser ist als in der Berechnung angenommen.

    Aber was heißt das für die Zukunft? Ist der thermische Bedarf aktuell z.B. wegen der noch vorhandenen Baufeuchte deutlich höher, so dass ich in Zukunft eine enorme Verbesserung zu erwarten habe (geringerer thermischer Bedarf = geringerer Stromverbrauch) oder ist die Hülle in Summe nicht so gut wie in der Theorie berechnet, so dass sich am thermischen Bedarf nicht mehr viel ändern wird?

    Herzlichen Dank.

    Gruß Michael
     
  12. R.B.

    R.B.

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    Wenn man anhand der Heizlast hochrechnet, wäre ein "Verbrauch" von 15.000kWh p.a. gar nicht so abwegig, es wären aber auch mehr denkbar. Ich vermute mit etwas Optimierung wird sich der therm. Energiebedarf irgendwo zwischen 10.000 und 15.000kWh einpendeln. Das kommt natürlich darauf an, wie das Haus letztendlich beheizt wird. Es soll ja Leute geben, die nur einen Teil der Wohnfläche beheizen.

    Der EnEV Nachweis taugt nicht zur Ermittlung des realen Energiebedarfs.

    Gruß
    Ralf
     
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