Flachdach: Gefälle "muss" oder "soll"?

Diskutiere Flachdach: Gefälle "muss" oder "soll"? im Dach Forum im Bereich Neubau; Wer legt die "annerkannten Regeln der Technik" fest oder wo kann man selbige nachlesen? . http://www.bauexpertenforum.de/showthread.php?t=36843

  1. #21 Carden. Mark, 19.11.2010
    Carden. Mark

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  2. Eric

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    Ich schlage vor, wir bilden Fälle und versuchen die mit den Normketten zu lösen:

    1. Fall: Dachterrasse über darunter liegendem beheiztem Wohnraum. Es soll ein Nullgefälle ausgeführt werden.

    a.) Was sagen die aRdt im Grundsatz? Wie sind etwaige Ausnahmeregeln zu behandeln: Als Fall von c.) ?
    b.) Sind die aRdT unterschiedlich für Neubau und Altbau oder gleich?
    c.) Wenn Nullgefälle nach den aRdT nicht zulässig sein sollte. Unter welchen Voraussetzungen darf der Handwerker/der Planer von den aRdT abweichen?

    2. Fall: wie vor, aber ungenutztes Dach.

    3. Zusatzfrage: Warum behandelt die Flachdachrichtlinie nur ungenutzte, aber nicht die genutzten Flachdächer?

    Die DIN 18 195-5 spricht Übrigens das Erfordernis eines Gefälles im Abschnitt 6.5 und 7.4 an; sie gibt es aber nicht mit einem %-Satz vor, sondern spricht von einer " planmäßigen Gefällegebung " und von " vollständiger Wasserableitung " bei der Gefahr von Schäden für Schutz- und Belagsschichten ( z.B. bei Plattenbelägen im Mörtellbett ) durch länger einwirkende Mengen von stehendem Wasser.

    Daraus folgere ich schon einmal zur Frage 1, daß bei Plattenbelägen im Mörtellbett grundsätzlich ein Nullgefälle auf der Abdichtungebene nicht den aRdT entspricht. Ferner bei Verwendung von Bitumenbahnen: Grundsatz Verlegung in Wasserflußrichtung. Anderenfalls weitere Erhöhung des Gefälles wegen der Nähte, die den Ablauf behindern. Wasserdurchlässigen Mörtel verwenden. Anderenfalls ist eine zusätzliche Drainschicht erforderlich. Die Drainschicht mit z.B. Aquadrain-Platten setzt allerdings voraus, daß auf der Abdichtungsebene ein ausreichendes Gefälle vorhanden ist ( nach Gutjahr mindestens 1 % ) und auch dann keine tiefen Pfützen auf der Abdichtung stehen bleiben ( Nähte der Bitumenbahnen bei Querverlegung ).

    Nicht geregelt ist das Gefälle auf der Oberfläche des Belags. Die Anforderungen ergeben sich aber aus der gebrauchsüblichen Nutzung: Es muß so hoch sein, daß auf dem Belag kein Wasser stehen bleibt, damit Schmutzansammlungen und Unfälle duirch Eisbildung ausgeschlossen sind, also ( würde ich mal schätzen ) mindestens 1 %.

    Bei aufgestelzten Belägen ( Holz oder Platten ) gilt die Sollvorschrift in der Flachdachrichtlinie als Grundsatz. In jedem Fall muß dafür gesorgt werden, dass das Wasser fließt, um einer übermäßige Versottung und Häufung von Reinigungsintervallen vorzubeugen. Das Gefälle muß deutlich erhöht werden, wenn ein Planer/Bauherr auf die Idee kommt, den Holzbelag über die gesamte Fläche fest zu verschrauben.

    Zu c.) wie " rechter Winkel ":
    Planer:

    1. Er darf nichts von sich aus planen, was den aRdT widerspricht.
    2. Wünscht oder fordert der Bauherr als Laie eine Ausführung, die den aRdT widerspricht, dann muß er den Bauherren über die Nachteile der Abweichung von den aRdt unterrichten. Dabei hat er dem Bauherren deren Schutzziele ( warum wird das gefordert ) zu verdeutlichen. Bleibt der Bauherr bei seinem Wunsch/Forderung muß er sich aus Beweisgründen schriftlich freizeichnen lassen.

    Unternehmer:

    Er muß Bedenken anmelden und hierbei dem Bauherren verdeutlichen, welche Risiken sich durch die Abweichung ergeben. Bloßer Hinweis auf den Verstoß reicht nicht aus.

    Bedenkenhinweis beim VOB-Bauvertrag schriftlich ( muß ), beim BGB-Bauvertrag reicht an sich mündlicher Hinweis, sollte aber aus Beweisgründen ebenfalls schriftlich erfolgen.
     
  3. #23 Gast360547, 20.11.2010
    Gast360547

    Gast360547 Gast

    nee, nicht ganz eric

    Moin,

    zu a) Es ist nach wie vor möglich und widerspricht nicht den aRdT, wenn ein Dach ohne Gefälle ausgebildet wird. Im Grundsatz können und dürfen Dächer ohne Gefälle ausgebildet werden. Es soll (wichtiges modales Hilfsverb) mit Gefälle GEPLANT werden. Plane ich es ohne Gefälle, muss ich höherwertige Abdichtungen verwenden, die aus der Anwendungskategorie K2 entnommen sind.
    Beispiel: bei Kunststoffbahnen müssen dickere Bahnen verwendet werden, bei bituminösen Abdichtungen zweilagig mit Polymerbitumenbahnen.

    zu b) Die Fachregel und die Normen unterscheiden nicht zwischen Alt- und Neubau. Die 18195 unterscheidet nur dann zwischen Neubau und Bauen im Bestand, wo es um Abdichtungen im Bereich der Keller geht.
    Bei Abdichtungen im Sinne von Dachabdichtungen allerdings nicht.

    zu c) da es ohne Gefälle zulässig ist, darf der Planer in begründeten Fällen und nach Rücksprache mit dem BH davon abweichen. Wie bereits beschreiben, können begründete Fälle auch wirtschaftlicher Natur sein.

    zu der Zusatzfrage: Genutze Dachflächen werden den Bauwerksabdichtungen zugeordnet. Und die sind in der DIN 18195 geregelt. Die Flachdachrichtline hat weite Teile dieser Norm übernommen.

    Die DIN beschreibt in den von Dir angesprochen Punkten, dass Waser keinen oder nur einen geringen hydrostatischen Durck ausüben darf. Mithin Wassersäule < 10 cm.
    Im Pkt 7.4 geht es darum, dass die Abdichtungsfläche eine geringere (mäßige) Beanspruchung hat wenn ein ausreichendes Gefälle vorhanden ist. Umkehrschluss: ist kein Gefälle vorhanden, erhöht sich die Belastungsstufe auf "hohe Belastung".
    Das Erfordernis eines Gefälles läßt sich hier nicht als unbedingt ablesen.

    Ich schrieb weiter, dass der Dachdecker sich sehr wohl bei z. B. Dachterrassen darüber informieren muss, welcher Belag zur Ausführung kommen soll. Danach muss auch er entscheiden, ob er Bedenken anmelden muss oder nicht.
    Das Problem ist, dass auch ein Gefälle von 5° nur bedingt ausreichend ist, dass überhaupt kein Wasser auf der Abdichtungsfläche verbleibt. Das kann in Verbindung mit einem Belag aus Natursteinen durchaus zu unschönen Farbunterschieden kommen. Darüber gibt es Abhandlungen, die ich u. a. mit Walter Gutjahr, Herbert Fahrenkrog und mit Leuten von PCI im Ebner Verlag (Natursteinfachzeitschrift) besprochen habe und von dessen Ergebnis es einen Flyer als Veröfffentlich ung gibt (demnächst wohl auch als Buch).

    Der zitierte Grundsatz der Verlegung von Bitumenbahnen in Wasserflussrichtung trifft bei geneigten Dächern eher zu. Bei Abdichtungen, die gefällelos sind, ist das unnötig. Bei Bitumenschweißbahnen kann auch in bestimmten Fällen gegen den Wasserlauf gearbeitet werden, obwohl das als nicht richtig gilt.

    Also nochmals: Die Fachregel für Dächer mit Abdichtungen als aRdT und die DIN 18195 lassen die Möglichkeit, eine Abdichtungsfläche mit 0° auszubilden, zu.
    Der Dachdecker muss die Stoffqualität nach den Anforderungen auswählen.
    Er muss sich Gedanken um den späteren Belag machen und danach handeln.
    Der Bauherr und der Planer legen die Anwendungskategorie K1 oder K2 fest. Der Planer die Beanspruchungsklassen.

    Grüße

    stefan
     
  4. Eric

    Eric

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    Das wäre mir zu pauschal:

    Und das hier ist ein Widerspruch in sich:

    Wenn Deine Aussage richtig wäre, würde der Grundsatz lauten, daß ein Flachdach " ohne Gefälle " den aRdT entspricht. Dann müßte der Planer beim Bauherren auch nicht nachfragen. Eine Nachfrage wäre nur erforderlich, wenn die Art der Ausführung " ausnahmsweise " ein Gefälle erfordert.

    So kann eine Sollvorschrift m.E. nicht ausgelegt werden. " Soll " ist eine Empfehlung und zwar eine solche für die sichere und bewährte Bauweise. Wiche ich von einer Empfehlung ab, wird die Ausführung weniger sicher. Der Bauherr als Laie muß über die Abweichung von der Empfehlung unterrichtet werden, den er soll sich dadurch über das höhere Risiko bewußt werden und es übernehmen, falls es sich realisiert.

    Nimm den ähnlich gelagerten Fall: Wer eine Laseroperation am Auge durchführt um die Brille zu ersparen, muß den Patienten darüber belehren, daß die Operation schief gehen kann und der Paptient anschließend blind ist. Der Patient entscheidet dann, ob er angesichts dieses Risikos nicht besser eine Brille weiter trägt.

    Den Juristen interessiert es wenig, wenn Fachverbände mit Worten herumtricksen, um Regeln zu verwässern.

    Zwischen technischen Regeln darf - wie bei Gesetzen - kein Wertungswiderspruch entstehen. Anderenfalls sind sie wertlos oder es sind die technischen Regeln zu eliminieren, die offenbar falsch sind.

    Die DIN 18 531 sagt ganz klar, daß für Dächer der Anwendungskategorie K1 eine Mindestneigung der Abdichtungsebene von 2 % eingehalten werden muß. Es gibt also bei K 1 keine Ausnahmen, es sei denn, sie werden mit dem Bauherren ausdrücklich vereinbart ! Die Anwendungskategorien behandelt die Art der Abdichtung und zwar bemessen danach, welche Anforderungen an die Dachabdichtung gestellt werden. K 1 betrifft übliche Anforderungen und K 2 erhöhte Anforderungen, wobei als solche beispielweise genannt werden die höherwertige Gebäudenutzung. Nach einem Mitteilungsblatt der Fa. AWA soll in der DIN 18 531-1 stehen, daß auch bei der Anwendungskategorie K 2 in der Fläche ein Gefälle von mindestens 2 % in der Abdichtungsebene und mindestens 1 % im Bereich von Kehlen einzuhalten ist.

    Ein Wertungswiderspruch zwischen der DIN 18 531-1 und der Flachdachrichtlinie wäre hiernach nur dann nicht vorhanden, wenn das " Soll " unter Punkt 2.3.1 der Flachdachrichtlinie als Grundsatz zu verstehen wäre, hiervon abweichende Ausführungen aber die Ausnahme und deshalb mit dem Bauherren zu vereinbaren wären. Anderenfalls wäre eines der beiden Regelwerke falsch. In diesem Fall würde ich auf die Flachdachrichtliniet tippen, die deswegen ja auch den früher verwendeten Begriff " Sonderkonstruktion " hat fallen lassen. Denn es ist ein schon aus der Steinzeit bekanntes Prinzip und daher ungeschribene aRdT, daß eine Abdeckung über eine Höhle und jetzt über einem bewohnten Haus weniger Schadenspotential hat, wenn sie ein wasserableitendes Gefälle hat. Daran ändern auch die jetzt produzierten Abdichtungsstoffe nichts.

    Ein Flachdach ist ein aus mehreren Bauteilen bestehende Konstruktion. An jedes Bauteil werden Anforderungen an die dauerhafte Funktion gestellt. Die Anforderungen sind verstreut über eine Vielzahl von Normen. Die Bauteile haben eine gegenseitige Wechselwirkung. Die Flachdachrichtlinie, die DIN 18 195-5 und die DIN 18 531 behandeln nur einen begrenzten Ausschnitt aus den für die Gesamtkonstruktion zu beachtenden aRdT; sie geben allenfalls - ohne insoweit abschließend zu sein - Hinweise auf die Bauteile unter- und oberhalb der Abdichtungsebene. Insofern bin ich der Auffassung, daß die Aussage, ein Flachdach könne zulässigerweise ohne Gefälle ausgeführt werden, nicht brauchbar ist.

    Die aRdT bestimmen sich hinsichtlich der Frage, ob ein Flachdach mit oder ohne Gefälle ausgeführt werden muß, in erster Linie nach dessen Aufbau. Die Fachregeln sind bezogen auf den Aufbau zusammenzutragen. Für Plattenbeläge auf Balkon- und Terrassenkondtruktionen bei Wohngebäuden und Gebäuden mit ähnlicher Nutzung erscheint mir dies gelungen im Merkblatt " Aussenbeläge, Belagskonstruktionen mit Fliesen und Platten außerhalb von Gebäuden ". Ich habe nur die Ausgabe vom Oktober 2005. Ob es bereits eine neuere Ausgabe gibt ?? Dort ist klar und eindeutig geregelt, daß derartige Flachdachkonstruktionen mit einem Gefälle auf der Abdichtungsebene und der Belagsoberfläche von 1 - 2 % bei Fliesen und Platten mit ebener Oberfläche und bei rauhen Oberflächen von entsprechend mehr auszuführen sind. Ein Nullgefälle wäre folglich nicht aRdT und somit ohne Vereinbarung mit dem Bauherren ein Mangel.
     
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