Mehrkosten trotz eindeutigem LV rechtens?

Diskutiere Mehrkosten trotz eindeutigem LV rechtens? im Bauvertrag Forum im Bereich Rund um den Bau; das ist jetzt jedoch nicht der freibrief für den formfehler des AN, die mehrleistung erst mit der schlussrechnung einzureichen. Formfehler ja,...

  1. #61 Gast66925, 13.07.2013
    Gast66925

    Gast66925 Gast

    Formfehler ja, aber einer der ziemlich oft vorkommt. Entsorgungsnachweise als Beweis dafür das die Kosten tatsächlich angefallen sind sollten diese Sache aber aus der Welt schaffen können.

    Der AN hat das LV nicht selbst erstellt sondern nur bepreist. Einen Ortstermin gab es, und er konnte den Dämmstoff sehen. Ob das ausreicht um die Dämmung als Sondermüll einzustufen weiß ich nicht, zumal das LV diesbezüglich nichts enthält.
    In meinen Augen eine Änderung der Ausgangslage, weil:
    - das ursprüngliche LV als Referenz bindend ist
    - das ursprüngliche LV keinen Hinweis auf Sondermüll enthält
     
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    Wann steht ihm die Vergütung sicher zu (lassen wir mal "Formfehler" außen vor):

    - wenn die Art und Beschaffenheit der MW falsch beschrieben wurde,

    - wenn sich aus den sonstigen Angaben im LV ableiten lässt, dass es sich um neuere MW handelt,

    - wenn es "Verkehrssitte" ist, dass bei fehlender Angabe mit "unbelasteter" MW zu rechnen ist.

    - er in seinem Angebot erwähnt, dass er von unbelasteter MW ausgeht.

    Offenbar liegt keiner der Punkten vor, oder doch?
     
  3. #63 tanzbaer, 13.07.2013
    tanzbaer

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    Wenn man im Netz nach "Mineralwolle" und "Abfallschlüssel" sucht, so findet man zuhauf Stellen die sinngemäß folgendes sagen. (Quellen sind Entsorgungsbetriebe).

    Eingebaute Mineralwolle ist generell als belastet einzustufen, außer es kann gesichert nachvollzogen werden, daß die Wolle nach den neuesten Vorschriften produziert wurde. Nachweis des RAL Kennzeichens auf der Verpackung! Als unbelastet ist daher zunächst nur der frische Verschnitt von neuer Dämmwolle zu sehen, da dort die Verpackung vorliegt.

    Damit ist aus meiner Sicht der Punkt Entsorgung ausreichend beschrieben. Ausbau alter Mineralwolle kann nur unter Abfallschlüssel 17 06 03* fallen und nicht unter 17 06 04. Für einen Fachbetrieb war IMHO der Punkt Entsorgung eindeutig und erschöpfend beschrieben. Er hätte auch ohne Besichtigung den Ausbau und die Entsorgung als gefährlichen Stoff durchführen müssen.

    Der springende Punkt ist, daß für 17 06 04 ein Nachweis der Ungefährlichkeit vorliegen muß, der ohne Verpackung regelmäßig nicht zu führen sein dürfte.
     
  4. #64 Gast66925, 13.07.2013
    Gast66925

    Gast66925 Gast

    Interessanter Punkt. Es gibt sogar ein extra Merkblatt der Stadt Hamburg dazu. Das Land Schleswig Holstein erwähnt als Produktionsgrenze den 01.06.2000 für die Trennung zwischen gefährlicher und ungefährlicher Mineralwolle.
     
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    Das ist übrigens der typische Auslegungsfehler des Paragraphen. Die entscheidenden Wörter sind gerade die, die hier unterdrückt wurden:

    "...dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen..."

    Es geht nicht um auskömmliche Preise oder eine mundgerechte lückenlose Arbeitsanweisung, sondern um die Vergleichbarkeit der Angebote.

    "...und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann."

    Das bedeutet sehr wohl, dass die LB auch größere Risiken beinhalten darf. Diese müssen nur erkennbar und kalkulierbar sein.

    Und anhand ich der letzten Beiträge dürfte sich langsam ergeben, dass die hier diskutiere LB ausreichend ist.
     
  6. #66 ManfredH, 13.07.2013
    ManfredH

    ManfredH Gast

    Im Eingangsthread ist die Leistungsbeschreibung auszugsweise so zitiert:
    Da kann ich nirgends den Begriff "Mineralwolle" entdecken; nach dieser Beschreibung wissen die Bieter noch nicht einmal , ob es sich um MW handelt, Dämmung könnte auch alles mögliche andere sein.

    Vom Aspekt der späteren Ortsbesichtigung mal abgesehen, bei dem der AN (oder zu dem Zeitpunkt noch Anbieter) vermutlich erkennen konnte bzw. hätte erkennen können, um welches Material es sich handelt - aber die Leistungsbeschreibung war auf jeden Fall weit davon entfernt, "eindeutig und erschöpfend" zu sein. (vorausgesetzt natürlich, dass darin nicht an anderer Stelle noch zusätzliche Informationen enthalten waren, was wir aber nicht wissen)
     
  7. #67 ManfredH, 13.07.2013
    ManfredH

    ManfredH Gast

    Geht es auch um die Vergleichbarkeit der Angebote, oder nur (= ausschliesslich) um die Vergleichbarkeit? Wo steht das?
     
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    @ ManfredH

    Ich kann leider keine Quelle benennen, sondern nur das, was ich auf zig VOB-Seminaren und Gesprächen mit einem RA mitgenommen habe.

    Wenn der AN den Vertrag anders auslegt, als der (öffentliche) AG, dann macht er bekanntlich Mehrkosten geltend aufgrund vermeintlicher zusätzlicher oder geänderter Leistungen, also "Nachträge".

    Hier kann er sich dann auf den berühmten Paragraphen 9 berufen und davon ausgehen, dass der Ausschreiber die Leistung so beschrieben hat, dass sie von allen Bietern gleich verstanden wurde. Sprich: "Meine Auslegung der LB entspricht der des objektiven Empfängerhorizontes eines fachkundigen Bieters".

    Hier auf den Fall bezogen würde das heißen: "...Entsorgen von Mineralwolle" bedeutet unzweifelhaft für einen fachkundigen Bieter: "...Entsorgen von unbelasteter Mineralwolle". Und das Vorfinden von belasteter Mineralwolle ist jetzt eine geänderte/ zusätzliche Leistung.

    Aber selbst bei einer Vergabe nach VOB/A kann ich mir nicht vorstellen, dass der BGH die LB so auslegt.
     
  9. Eric

    Eric

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    Alles kalter Kaffee:

    Der TE ist offenbar privater Unternehmer. Die VOB/A gilt folglich nicht.

    Es gilt die Auslegungsregel der §§ 133,157 BGB. Danach ist die streitgegenständliche Position des LV so auszulegen, wie ein sorgfältiger Erklärungsempfänger sie nach den Umständen des Falls und nach Treu und Glauben verstehen konnte und verstehen durfte. Wer hier Erklärungsempfänger war wissen wir nicht. Es käme insoweit darauf an, wer das LV erstellt hat. Hat der AN es erstellt ist Erklärungsempfänger der TE. Hat der TE es erstellt/erstellen lassen ist Erklärungsempfänger der AN.

    Aber auch hierauf kommt es nicht an. Denn der TE hat mitgeteilt:

    Das verstehe ich dahingehend, dass der AN sich das Objekt vor Angebotsabgabe angesehen hat. Die MiWo hat er gesehen und hätte sie prüfen können. Ob er sie geprüft hat, ist unerheblich. Das Ganze ist und bleibt daher der untauglicher Versuch des AN, eine Fehlkalkulation nachträglich zu korrigieren.

    Das ist Dir im Seminar mit Sicherheit nicht so - jedenfalls nicht von einem Volljuristen - beigebracht worden. Denn die Auslegung von Willenserklärungen hat den Sinn und Zweck, das unterschiedliche Verständnis/den Streit der Parteien über eine Erklärung mit juristischen Auslegungsregeln ( Wortlaut, Wortzusammenhang, Sinn und Zweck der abegebenen Erklärung, Umstände des jeweiligen Falls ) zu interpretieren und deren " richtigen " Inhalt zu fixieren. Die Auslegung ist also die rechtliche Bewertung von Parteierklärungen. Die Parteien haben nichts auszulegen. Sie haben dem Gericht mitzuteilen, was erklärt worden ist und was ansonsten nocht außerhalb des geschriebenen Textes mündlich besprochen worden ist und in welchem Sachzusammenhang dies geschehen ist. Außerdem dürfen sie noch angeben, wie sie die Erklärung verstehen. Die rechtliche Bewertung ( Auslegung ) ist dann alleinige Aufgabe des Gerichts und zwar Kraft gesetzlicher Vorgabe aus der Sicht eines sorgfältigen Erklärungsempfängers.

    Der Vortrag vor Gericht wäre hier also etwa wie folgt:

    AN: Im LV steht nur , dass ich Dämmung mit zu entsorgen haben. Es steht dort nicht, dass es sich bei der Dämmung um MiWo handelt und diese auch noch belastet ist. Das hat der TE mir nicht mitgeteilt. Ich bin insofern davon ausgegangen ( wieso eigentlich ? ) , dass es sich um unbelastete Dämmung handelt.

    Richter: OK, dann gibts aber - wenn überhaupt - nur eine zusätzliche Vergütung in Höhe der Mehrkosten zwischen belasteter und unbelasteter Dämmung.

    TE: Der AN hat aber die Dämmung vor Angebotsabgabe am ...... in einem Besichtigungstermin gesehen und er hat erst daraufhin sein Angebot abgegeben.

    AN: Stimmt. Aber ich habe mir die MiWo damals nicht so genau angesehen.

    Richter: Dann wird die Klage abgewiesen, weil der AN sie vor Angebotsabgabe hätte prüfen können und müssen. Wenn dies aus irgendwelchen Gründen nicht möglich war, dann hätte der AN bei Angebotsabgabe einen Vorbehalt ( z.B. ich gehe bei meinem Angebot von unbelasteter Dämmung aus ) erklären müssen. Hat er aber nicht.
     
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    @ Eric genau das habe ich, vielleicht nicht mir den korrekten juristischen Begriffen, vereinfacht erklärt.

    Dass die VOBA, geschweige denn der "Heilige Paragraph 9" nicht zur Anwendung kommen, ist längst geklärt.

    Und dein Richter wird dann noch einen Sachverständigen fragen: "Mit welcher Güte der MW ist üblicherweise bei derartigen Gebäuden zurechnen?"

    SV: "In der Regel mit belasteter nach Abfallschlüssel...."

    Richter: "Dann ist auch belastete MW ausgeschrieben. Die zusätzliche Angabe in der Pos. ist nicht notwendig, da sie sich eindeutig aus der LB als sinnvolles Ganzes ergibt."
     
  11. #71 Gast66925, 14.07.2013
    Gast66925

    Gast66925 Gast

    Nochmal zur Verdauung: es geht um ca. 2.000 EUR. Wenn man deswegen vor Gericht ziehen will...viel Spass! Ich würde nun versuchen mich mit dem Unternehmer auf z.B. 1.000 EUR zu einigen - es sei denn es gibt noch ganz andere Probleme die hier nicht erwähnt worden sind.

    Der Unternehmer hat offensichtlich zwei Fehler gemacht:
    1. Die Entsorgung der Mineralwolle falsch bepreist (aus welchen Gründen auch immer)
    2. Den nach Wegfall anderer Positionen geänderten Gesamtvertragswert nicht durch Preisanpassungen korrigiert, oder andere Einwände erhoben (ggf. Änderung der Geschäftsgrundlage); wobei hier nicht klar ist auf welcher Basis die Abrechnung erfolgte - Handschlagvertrag, aber hat man sich auf die Gesamtsumme geeinigt?

    Fehler 2 gilt übrigens auch für die AG, denn wie genau abgerechnet wird muss man vorher klären.
     
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