Neue Bauordnung NRW: Wintergarten mit Massivdach

Anbaue · 11.10.2019

Wo finde ich Ausführungen, was die neue Bauordnung NRW unter einem Wintergarten versteht? Darf der ein undurchsichtiges Dach haben, wenn er hoch ist und verglaste Wände hat?

Stadtbaumeister · 15.10.2019

Worauf zielt die Frage? Ob das bauplanungsrechtlich zulässig ist?

Anbaue · 15.10.2019

Genau. Nach der Bauordnung NRW sind Wintergärten unter bestimmten Bedingungen baugenehmigungsfrei. Ein Glasdach möchte ich nicht. 6m hohe Glaswände ergeben aber m.E. eigentlich einen Wintergarten, zumindest, was Klimabedingungen für Pflanzen angeht. Der Bundesverband Wintergarten sagt, ein Wintergarten darf kein undurchsichtiges Dach haben.

SIL · 15.10.2019

Doch, darf er allerdings wenn beheizt, dann EnEV konform. Wintergärten sind recht unlustig in der Ausführung bzw ist doch erheblich Planerischer Aufwand notwendig.
6m Höhe läuft eh unter genehmigungspgflichtig, das tendiert eher zu verglasten Anbau.

Anbaue · 15.10.2019

Deswegen möchte ich ja auch kein Glasdach. Bauordnung sagt nur "Wintergärten bis 30 m² Brutto-Grundfläche bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3". Also müssten 6m Höhe im Rahmen sein. Aber was ist ein Wintergarten? Ich hole mir das Licht von den Seiten und über die Höhe. Plus ein Glaselement im Dach. --- An der Stelle ist ein Anbau genehmigungsfähig laut Bauamt. Ich möchte nur gerne die Baugenehmigung vermeiden, da sie hier sehr lange dauert. Und suche nun Argumente. Klar, dass der Bundesverband Wintergärten Glasdächer verkaufen will.

Stadtbaumeister · 15.10.2019

In der Kommentierung zur Bayerischer Bauordnung (und inhaltlich bestimmt vergleichbar) steht folgendes zu Wintergärten:

Wintergärten sind Sonderformen von Wandvorbauten. Mit dem Begriff „Wintergarten“ werden in der Praxis die verschiedensten Erscheinungsformen von Gebäudevorbauten und Gebäudeteilen bezeichnet. Wintergärten, als vor einer Gebäudewand vortretende untergeordnete Vorbauten im Sinne des Abs. 8, liegen jedoch nur dann vor, wenn sie folgender Definition entsprechen:

Wintergärten sind an der Außenwand eines Gebäudes ganz oder teilweise vorgelagerte Räume, die keine Aufenthaltsräume sind und die überwiegend eine Funktion als energiesparende „Klimapuffer“ zwischen den Räumen des Gebäudes und der freien Atmosphäre haben. Ihre wesentliche Eigenschaft ist dabei die Nutzung der passiven Sonnenenergie; in sehr eingeschränktem Umfang dienen sie auch Wohnzwecken. Sie bestehen aus Glaswänden und Glasdach.
Fehlt bei einem sog. „Wintergarten“ der räumliche Abschluss zu einem dahinterliegenden Aufenthaltsraum oder sonstigen Raum des Gebäudes, so kann er seine Funktion als „Klimapuffer“ nicht erfüllen. Er dient vergleichbar einem großen Erker lediglich der Vergrößerung des dahinterliegenden Raumes und ist damit Bestandteil des Gebäudes in Form eines Gebäudeteils mit versetzter Außenwand. Dieser hat seine eigene Abstandsfläche einzuhalten, wenn er in nennenswertem Umfang zur Vergrößerung der Wohnfläche beiträgt und die in Rn. 454 für Erker genannten Flächen und Größen übersteigt.
Erfüllt ein räumlich abgeschlossener „Wintergarten“ die Mindestanforderungen, welche hinsichtlich Raumhöhe, Abmessung (Nutzfläche ca. 8 m²) und Wärmeschutz an Aufenthaltsräume gestellt werden, so ist er als Aufenthaltsraum des Gebäudes zu beurteilen. Dies gilt auch dann, wenn er einen wesentlichen Beitrag zur Sonnenenergienutzung leistet. Abstandsflächen-rechtlich ist er als versetzter Gebäudeteil zu bewerten, der eigene Abstandsflächen einhalten muss.
Dieser Fall liegt häufig vor, wenn im Erdgeschoss vor einer ca. 3 m breiten und ca. 1,5 m tiefen Loggia eines Gebäudes zusätzlich ein 1,5 m tiefer Vorbau mit Isolierglas errichtet wird. Die Gesamtnutzfläche eines solchen Raumes von ca. 9 m² erfüllt die Anforderungen an einen Aufenthaltsraum. Die gleiche Größe kann auch ein Wintergarten haben, der die Maximalbreite von 5 m nach Abs. 8 Nr. 2 einhält, nur 1,5 m vor die Außenwand vortritt und incl. 30 cm Wandstärke des Gebäudes 1,8 m Gesamttiefe erreicht. In beiden Fällen ist wegen der Eignung als Aufenthaltsraum Abs. 8 Nr. 2 BayBO nicht anwendbar.
Zusammenfassung: Wintergärtensind untergeordnete Vorbauten,wenn sie die Maße des Abs. 8 Nr. 2 einhalten und bei Raumabschluss zum Wohnteil eine Nutzfläche von ca. 5 m², ohne Raumabschluss eine Nutzfläche von 3 m² nicht überschreiten.

Quelle:
Simon/Busse/Dhom/Franz/Rauscher BayBO Art. 6 Rn. 457-460
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Anbaue · 16.10.2019

Herzlichen Dank für die ausführliche Antwort und den Hinweis auf den Kommentar! Diesen kannte ich nicht und er kommt er auch irgendwie fremd vor: die Fläche eines Erkers ist mit Sicherheit geringer als die 30 m2 Brutto-Grundfläche des genehmigungsfreien NRW-Wintergartens. Aber Glasdach ist anscheinend ein Muss.

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